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Sport: Ballack für Kahn

Klinsmann vergibt die Kapitänsrolle neu

Jürgen Klinsmann lächelt auffällig oft. Mittlerweile kennt man das ja von ihm. Manchmal lacht er gar laut ins Mikrofon. Doch man wird den Eindruck nicht los, umso häufiger der 40-Jährige seine strahlendes Image nach außen kehrt, umso unbequemer sind die Entscheidungen, die er verkündet. Quasi kalt lächelnd hat der neue Bundestrainer der Fußball-Nationalmannschaft gestern den Kapitän getauscht: Michael Ballack (27) löst künftig Oliver Kahn (35) ab. Am Morgen im Hotel Kempinski Gravenbruch hatte Klinsmann die beiden Bayern-Stars um sich geschart. Und ganz im Gegensatz zu Felix Magath beim FC Bayern entschieden: Ballack wird Kapitän, Kahn Stellvertreter. „Der einzige Gedanke ist, dass Ballack als Feldspieler die Mitspieler besser führen kann“, erläuterte Klinsmann vor dem Länderspiel am Mittwoch in Wien gegen Österreich (20.45 Uhr/ARD).

Kahn kommentierte den Entschluss zunächst unaufgeregt: „Das ist eine Philosophiefrage.“ Grundsätzlich spüre er gar eine „gewisse Erleichterung“. Sowohl im Klub als auch in der Nationalelf Torwart und Träger der Binde zu sein, sei „eine absolute Herkulesarbeit“. Doch wie sensibel es ist, Kahn einen Teil der Macht zu entziehen, wurde an dessen Verhalten auf das von Klinsmann propagierte Rotationsprinzip deutlich. So reflexartig er mittags beim Torwarttraining mit Sepp Maier die Schüsse pariert hatte, so reaktionsschnell verteidigte er zwei Stunden später verbal seine Position auf dem Podium der Pressekonferenz. „Die Diskussion um uns Torhüter ist aberwitzig und absolut lächerlich“, schimpfte Kahn, „wir haben einige andere Probleme im deutschen Fußball.“ Aber doch bitteschön keine zwischen den Pfosten. „Die Diskussion wird bald verstummen. In einem halben Jahr wird kein Wort mehr darüber verloren, wer im Tor spielt.“ Im Selbstverständnis eines Torwart-Titanen kann das nur er selbst sein. „Ich bin topmotiviert, habe meine Leistung bei der EM gebracht und meist gezeigt, dass man sich auf mich verlassen kann.“ Der Platzhalter wird bissig, wenn er sein Revier verteidigt – vielleicht ist es auch das, was Klinsmann herausfordern will.

Zumal Klinsmann gestern Kahn ein gutes Stück entgegenkam: „Wir haben eine klare Grundkonstellation: Oliver Kahn ist die eins, Jens Lehmann die zwei und der Herausforderer, Timo Hildebrand die drei, der sich an das Niveau der beiden ranarbeiten muss.“ Ansage an Kahn: „Olli muss seinen Platz verteidigen“, alle Torhüter müssen sich in nächster Zeit beweisen. Kahns Aussage: „Von einem Rotationsprinzip weiß ich nichts.“ In Wien wird noch Kahn beginnen, wer das am 8. September in Berlin gegen Brasilien sein wird, sei „noch eine Wellenlänge zu weit weg“, sagt Klinsmann.

Personelle Neuigkeiten hatte der Bundestrainer auch zu verkünden. Miroslav Klose erlitt beim Training einen Pferdekuss und wird nicht spielen können, Jens Nowotny und Arne Friedrich leiden an Knieproblemen, dafür wurden Robert Huth und überraschend für dieses eine Spiel der eigentlich zurückgetretene Thomas Linke nachnominiert. Jürgen Klinsmann sagte zu dieser Personalie nur: „Ich brauche einen Kerl bei der Truppe, der die jungen Spieler führt.“ Und natürlich lächelte er dabei.

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