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Boston Red Sox

© AFP

Baseball: Nation der roten Socken

Die Boston Red Sox bilden nach dem zweiten Titel in drei Jahren das Zentrum der Baseball-Welt.

In weiten Teilen der Vereinigten Staaten von Amerika hat sich eine Alternativbezeichnung für das Land etabliert: Red-Sox-Nation. Verantwortlich dafür ist ein Baseballteam aus Boston, das am Sonntag mit einem 4:3-Sieg über die Colorado Rockies zum neuen Titelträger der Major League Baseball (MLB) wurde. Mit dem zweiten Titel seit 2004 hat sich der Traditionsklub von der Ostküste endgültig als das Aushängeschild der amerikanischsten aller Sportarten etabliert. „Unser Titel 2004 war für alle Großeltern, die 86 Jahre warten mussten“, sagte der strahlende Vorstandsvorsitzende Thomas Werner. „Die Meisterschaft jetzt ist für alle.“

Über Jahrzehnte waren die Red Sox der Inbegriff der Underdogs. Anfang des 20. Jahrhunderts waren sie das erfolgreichste Baseballteam Amerikas, doch seit 1918 wollte ihnen einfach kein Titelgewinn mehr gelingen. Man sprach von einem Fluch, der auf Boston lastete, dem „Curse of the Bambino“. Bambino, die Baseball-Legende Babe Ruth, war 1920 von Boston zu den New York Yankees gewechselt und hatte dabei offenbar auch das Glück mit an den Hudson genommen. New York gewann seither 26 Titel, die Erzrivalen aus Neu-England nicht einen einzigen. Im Halbfinale 2004, nach 86 Jahren, wendete sich das Blatt jedoch endlich. Boston machte einen Rückstand von drei Spielen gegen die Yankees wett, gewann die Serie und daraufhin auch die Meisterschaft gegen St. Louis. Drei Jahre später hat Boston endgültig die Rolle New Yorks als Zentrum der amerikanischen Baseball-Welt übernommen. Sogar der frühere New Yorker Bürgermeister und jetzige Präsidentschaftskandidat Rudolph Giuliani bekennt sich öffentlich zu den Rivalen aus Boston.

Nicht alle wollen sich jedoch mit der neuen Hierarchie abfinden. „Wenn es eine Red-Sox-Nation gibt, dann gibt es ein Yankees-Universum“, zürnt Hank Steinbrenner, der Besitzer der New York Yankees. „Ohne die Rivalität mit uns wären die Red Sox gar nichts. In den letzten 12 Jahren haben wir vier Titel gewonnen, die Red Sox nur zwei.“ Der Trend allerdings spricht eindeutig für Boston. Das Ende des Fluchs vor drei Jahren veränderte alles: Die Art und Weise, wie der Klub sowohl seine Geschäfte als auch den Sport betrieb, wandelte sich radikal.

Der Fenway Park, das Heimstadion der Red Sox, war plötzlich ganzjährig ausverkauft und auch auswärts wollten mehr Leute die Rotsocken sehen als jede andere Mannschaft. Der Sportsender ESPN überträgt seit 2004 sämtliche Spiele der Red Sox – eine Ehre, die ansonsten nur den Yankees zuteil wird. Das Budget des Klubs wuchs auf 143 Millionen Dollar an, was zwar noch immer um 47 Millionen geringer ist als das der Yankees aber weit größer als das aller anderen Vereine. Spektakuläre Transfers wurden möglich wie zuletzt der Einkauf des japanischen Stars Daisuke Matsusaka für 103 Millionen über drei Jahre. Um andere Spitzenspieler wie Jose Contreras stritten sich die Red Sox mit den Yankees bis zum letzten Cent. Die Wiederholung des Meisterschaftsgewinns gelang zwar trotzdem nicht sofort wieder – er ließ aber auch keine 86 Jahre mehr auf sich warten. In den diesjährigen Play-offs waren die Red Sox eindeutig die dominierende Mannschaft und ließen dem Außenseiter Colorado mit 4:0 Siegen in der Finalserie keine Chance.

Praktisch zeitgleich mit dem Knallen der Champagnerkorken in der Kabine der Red Sox im Coors-Stadion zu Denver zerfallen die einst übermächtigen New York Yankees derzeit regelrecht. Nach dem Erstrundenaus in den Play-offs weigerte sich Trainer Joe Torre, einen neuen Vertrag zu unterzeichnen. Das Gleiche gilt für Superstar Alex Rodriguez. Von ihm wird nun erwartet, dass er in Boston unterzeichnet. Es sieht so aus, als wäre das Glück 87 Jahre nach Babe Ruth’ Abschied endgültig nach Boston zurückgekehrt.

Sebastian Moll[New York]

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