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Sport: Baseballstar Barry Bonds wird angeklagt

Mutmaßlicher Doper soll Meineid geleistet haben

Dass jeder irgendwann von der Lüge eingeholt wird, ist ein schöner Glaubenssatz, gültig alleine in einer Welt, die besser ist als diese. Für den Sport in den USA galt dieser Satz jedenfalls bislang nur selten, weil weder die großen Sportorganisationen noch die Medien ein gesteigertes Interesse daran hatten, ihre Helden zu demontieren, auch wenn sie ihre Heldentaten offensichtlich auf unlauterem Wege zustande brachten. Aber der US- Sport ist im Wandel: Nach der Leichtathletin Marion Jones wird nun auch Baseballstar Barry Bonds nach Jahren des Leugnens von seinen mutmaßlichen Doping-Betrügereien eingeholt. Am Donnerstag wurde Bonds, der erst im vergangenen August den ewigen Homerunrekord Hank Aarons überbot, durch ein Bundesgericht in San Francisco angeklagt. Der Vorwurf ist allerdings nicht etwa die Einnahme oder der Erwerb von Anabolika, gegen die es keine rechtliche Handhabe gibt. Bonds wird vorgeworfen, 2003 als Zeuge im Verfahren gegen die kalifornische Firma Balco wegen Vertriebs von Dopingmitteln im großen Stil Meineid geleistet zu haben.

Bonds hatte damals mehrfach beteuert, niemals selbst etwas mit Anabolika zu tun gehabt zu haben. Jetzt wollen die kalifornischen Ankläger jedoch Beweise dafür haben, dass Bonds damals gelogen hat. Wenn die Anklage Erfolg hat, droht Bonds eine Freiheitsstrafe von bis zu 30 Jahren. Noch ist nicht klar, welche neuen Beweise es geben könnte. Die unabhängige Untersuchungskommission über Dopingpraktiken im Baseball hat erst vor einer Woche ihre Ermittlungen abgeschlossen und ist noch dabei, ihren Bericht zu verfassen. Ein Mitglied der Kommission greift der Veröffentlichung offenbar schon seit einiger Zeit vor und gibt Ermittlungswwischenstände an Journalisten und Staatsanwälte weiter.

Auf jeden Fall ist die Anklage gegen Bonds nach der Überführung von Marion Jones ein weiterer Erfolg der US-Behörden im Kampf gegen Doping, den sie den trägen Institutionen des amerikanischen Sports nach dem Balco-Skandal 2003 aus der Hand genommen haben. Kurz danach wurde die Mitchell-Kommission gegründet, und Staatsanwälte im ganzen Land taten sich zusammen, um konzentriert Doping-Netzwerke aufzudecken.

Der Chef der Baseball-Liga, Bud Selig, hatte lange missmutig, aber tatenlos zugesehen, wie Bonds den Rekord von Aaron brach, während er in jedem Stadion ausgepfiffen wurde und das Image der Liga mit jedem Homerun weiter zerschlug. Obwohl er noch immer einer der besten Spieler der Liga ist, wollten die San Francisco Giants nach der vergangenen Saison Bonds’ Vertrag nicht verlängern. Sollte es bislang Teams gegeben haben, die trotz allem noch versucht waren, den mittlerweile preisgünstigen Star anzuheuern, dürften sie sich derartige Gedanken aus dem Kopf geschlagen haben.

Sebastian Moll[New York]

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