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Sport: Basketball: Das griechische Drama

Als Tim Nees vor einigen Monaten seine Sporttasche packte und zum Flughafen von Saloniki fuhr, deutete alles auf eine ganz normale Reise zu einem Auswärtsspiel der griechischen Basketball-Liga hin. Das änderte sich, als der deutsche Nationalspieler am Flugschalter seine Bordkarte abholen wollte.

Als Tim Nees vor einigen Monaten seine Sporttasche packte und zum Flughafen von Saloniki fuhr, deutete alles auf eine ganz normale Reise zu einem Auswärtsspiel der griechischen Basketball-Liga hin. Das änderte sich, als der deutsche Nationalspieler am Flugschalter seine Bordkarte abholen wollte. Die Fluggesellschaft verweigerte ihm das Einchecken, weil ein Scheck seines Klubs Aris Saloniki geplatzt war. Noch kurioser mutete die Ausrede an, die dem Verein daraufhin einfiel. "Das waren haarsträubende Räuberpistolen", erzählt Nees der "Welt", "bis hin zu einem Banküberfall."

Während der Traditionsklub Aris Saloniki finanziell kurz vor dem Aus steht, geht die aktuelle Krise des griechischen Basketballs auch an Panathinaikos Athen, dem heutigen Gegner von Alba Berlin (20.30 Uhr, Max-Schmeling-Halle), nicht spurlos vorüber. Beim Suproleague-Hinspiel gegen die Berliner verloren sich 400 Besucher in der 20 000 Zuschauer fassenden Olympia-Halle. Inzwischen stieg der Zuschauerschnitt bei Panathinaikos in der Suproleague auf 2400, doch befriedigend ist das für den Titelverteidiger der letztjährigen Europaliga nicht. Trainer Zeljko Obradovic äußerte seinen Unmut schon beim Hinspiel gegen Alba. "So eine schlechte Organisation gibt es nur bei Panathinaikos", schimpfte der jugoslawische Trainer, als bei der Pressekonferenz ein Übersetzer fehlte. Den ausländischen Stars Zeljko Rebraca, Oded Katash und Dejan Bodiroga werden Abwanderungsgedanken nachgesagt. Bodiroga war mit 28 Punkten der Hauptverantwortliche für die 75:92-Niederlage der Berliner in der Hinrunde. Obwohl Suproleague-Tabellenführer Panathinaikos sportlich Hochwertiges bietet, goutiert das Publikum diese Darbietungen nicht mehr. Was ist schief gelaufen im einst so basketballverrückten Griechenland?

"Es gibt eine Übersättigung im Fernsehbereich", sagt Florian Wanninger, Pressesprecher des Basketball-Weltverbandes Fiba, "man kann in Griechenland fast täglich ein Basketball-Spiel sehen." Der Basketball-Boom, der seit dem Gewinn des Europameistertitels 1987 entstanden war, führte zum Import vieler starker Ausländer. Panathinaikos leistete sich für mehrere Millionen Dollar Stars aus der nordamerikanischen Profiliga NBA wie Dominique Wilkins oder Byron Scott. Doch die Ausländer sind indirekt für einen weiteren Grund griechischer Basketball-Müdigkeit verantwortlich: das Nationalteam schwächelt. Bei der Europameisterschaft 1999 brachte die Niederlage gegen Deutschland das Aus für die Olympischen Spiele und die direkte Qualifikation für die Europameisterschaft 2001. Zwar gibt es auch bei Panathinaikos ausgezeichnete griechische Nationalspieler wie Giorgios Kalaitzis, Antonis Fotsis oder Fragiskos Alvertis. Doch Helden wie früher Nikos Galis oder Panagiotis Giannakis sind diese nicht mehr.

Zu viel Fernsehen, zu viele Ausländer, zu wenig einheimischer Nachwuchs - diese Probleme kennt man auch aus der deutschen Diskussion um den Zuschauerrückgang im Fußball. Basketball in Griechenland kann hierbei als warnendes Beispiel gelten. "Die Griechen müssen jetzt durch das Tal der Konsolidierung gehen", sagt Wanninger. Spitzengehältern dürften in Zukunft nicht mehr gezahlt werden, die Stars werden teilweise abwandern. Tim Nees wird das nicht mehr miterleben. Er spielt jetzt für Varese in Italien.

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