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Basketball: Reif für den Starschnitt

Gegen Oldenburg bewies Albas Spielmacher Bobby Brown seine Klasse – das war nicht immer so.

Berlin - Wenn Bobby Brown die Fotos, die von ihm am Dienstagabend in der Max-Schmeling-Halle entstanden sind, in Postergröße in seinem Wohnzimmer aufhängen und vom Sofa aus genussvoll betrachten würde wie einen Teenie-Starschnitt, müsste er zu dem Ergebnis kommen, dass der Typ an seiner Wand verdammt cool ist. Vielleicht denkt der Spielmacher von Alba Berlin ohnehin so von sich, dann sind die Fotos vom 86:79-Sieg im ersten Play-off-Halbfinalspiel der Basketball-Bundesliga die beste Bestätigung dafür. Sie dokumentieren Korbakrobatik par excellence. Der 1,88 Meter große Brown hält sich am Ring fest, schaut von oben in den Korb, seine Füße sind in Kopfhöhe von Oldenburgs Ruben Boumtje-Boumtje (2,12 Meter). Weitere Motive: Brown liegt waagrecht in der Luft neben dem Korb, während sich sein Gegner wegduckt. Brown dunkt, Brown baumelt am Korb.

Nun war es nicht so, dass der Spielmacher und „Man of the match“, der gegen die lange souveränen, abgeklärten und zweikampfstarken Oldenburger mit 20 Punkten Albas Topscorer war, pausenlos am oder über dem Korb gewesen wäre. Vier Mal in 40 Minuten bugsierte er den Ball aus unmittelbarer Korbnähe durch den Ring, doch die Körbe kamen zum richtigen Zeitpunkt: nach 53:62-Rückstand, den sich Alba durch Ballverluste und zu wenig intensive Verteidigung eingehandelt hatte, leitete Brown die Wende ein. Mit vier Punkten in Folge, darunter ein Dunk, glich er zum 70:70 aus. Alba gelang ein 15:3-Lauf und gewann das vierte Viertel 24:10. Brown steuerte noch seinen vierten Dreier bei. Es waren die Punkte zum 82:75, nach denen die Fans vom Sieg zu träumen wagten. „Das war eines meiner besten Spiele für Alba“, sagte Brown, „aber mit meiner Arbeit in der Defensive war ich nicht zufrieden.“

Bobby Brown kam im vergangenen Sommer eigentlich als Lehrling nach Berlin. Die klare Nummer eins als Aufbauspieler sollte Goran Jeretin sein, doch der Routinier zog sich in der Saisonvorbereitung einen Kreuzbandriss zu. Der junge Aufbauspieler Nico Simon fehlt seit Monaten verletzt, der nachverpflichtete Aleksandar Rasic seit Wochen. Die Verantwortung, die Brown übernehmen musste, war von Anfang an viel größer als geplant. Mal wurde er ihr gerecht, mal nicht. In entscheidenden Spielen, in denen es um alles oder nichts ging, machte sich nicht immer, aber immer wieder die fehlende Erfahrung bemerkbar. Beim denkwürdigen Heimsieg gegen Bosna Sarajevo nach fünf Verlängerungen machte Brown 44 Punkte, 31 davon in der Verlängerung. Bei der Pokal-Endrunde Anfang Mai hingegen, bei der Alba nur Vierter wurde, konnte er ebenso wenig Akzente setzten wie beim Spiel in Sarajevo, nach dem das Aus besiegelt war. Brown habe schon starke Spiele gemacht, „aber man sieht auch seine Unreife“, hatte Alba Berlins Geschäftsführer Marco Baldi damals gesagt.

Am Dienstag nun war wieder so ein Tag, an dem der 23 Jahre alte US-Amerikaner, der „Newcomer des Jahres“ in der Liga, seinem Team entscheidend helfen konnte. Baldi traut ihm zu, „dass er am Donnerstag noch so ein Spiel raushaut“. Heute (20.45 Uhr) stehen sich beide Teams in Oldenburg in der Best-of-5-Serie erneut gegenüber. (Mangelnde) Konstanz ist für Baldi das Schlüsselwort im Zusammenhang mit einem jungen Spielmacher, „und Konstanz eignet man sich nicht in ein paar Wochen an“. Sondern in Jahren, so wie Oldenburgs starker Regisseur Jason Gardner (21 Punkte) es getan hat. Anspruchsvoll ist die Aufgabe eines Aufbauspielers per se, schließlich muss er das Spieltempo bestimmen und die Kollegen so in Szene setzen, dass sie zum Korberfolg kommen. Bei Alba war die Aufgabe durch viele Verletzte und immer neue Spieler, die in Team und System integriert werden mussten, noch einen Tick diffiziler. Insgesamt „geht Browns Kurve klar nach oben, wie die des ganzen Teams“, sagt Baldi.

Letzteres galt auch für das Spiel gegen Oldenburg. „Nach einer Woche Pause wollten wir endlich spielen, aber wir haben den Rhythmus nicht gefunden“, sagt Brown. Im letzten Viertel „haben wir mit mehr Energie gespielt und besser verteidigt“. Was er nicht sagte: Der Mann, der in dieser Phase nicht ganz unwichtige Punkte machte, hieß Bobby Brown.

Helen Ruwald

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