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Sport: Baumann darf wieder laufen

Das Fax aus Monaco kam gegen Mittwochmittag, und sein schwer wiegender Inhalt war ein dürrer Text, der bequem auf eine Seite passte. "Lieber Herr Baumann," stand dort geschrieben, und dann folgte die Mitteilung: "Sie sind wieder frei, vom 22.

Das Fax aus Monaco kam gegen Mittwochmittag, und sein schwer wiegender Inhalt war ein dürrer Text, der bequem auf eine Seite passte. "Lieber Herr Baumann," stand dort geschrieben, und dann folgte die Mitteilung: "Sie sind wieder frei, vom 22. Januar 2002 an zu laufen." Das gilt national als auch international. Für den Fall, dass er noch Fragen habe, erklärte ihm Istvan Gyulai, der Generalsekretär des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF), "zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren".

Damit hatte ein hochrangiges Gremium eine Zusatzsperre aufgehoben, die Gyulai im Februar angekündigt hatte,nachdem der 5000-m-Olympiasieger von 1992 bei den Deutschen Hallenmeisterschaften im Februar in Dortmund über 3000 m gestartet war. Baumann hatte damals ein vom Frankfurter Oberlandesgericht verbrieftes Startrecht bekommen. Das Gericht hatte den Freispruch Baumanns durch den Rechtsausschuss des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) im Sommer 2000 als juristisch plausibel bestätigt. Das Schiedsgericht der IAAF hingegen hatte im Oktober 2000, kurz vor den Olympischen Spielen in Sydney, Baumann schuldig gesprochen und gesperrt.

Aufgrund der Zusatzsperre saß Baumann plötzlich wieder auf dem Trockenen. Doch er gab nicht auf, sondern rief das Stuttgarter Oberlandesgericht an, dessen Urteilsspruch noch aussteht. Er soll am 18. Dezember bekannt gegeben werden. Der Vorsitzende Richter hatte der IAAF immerhin vorsorglich mitgeteilt, dass er über die Rechtmäßigkeit der Zusatzsperre nicht mit sich reden lasse. Wäre die IAAF bei der Verlängerung der Sperre geblieben, hätte Baumann hohe Schadensersatzforderungen gestellt. Auch mit dem gestrigen Fax ist die ursprüngliche Zweijahressperre noch nicht aus der Diskussion. Bekanntlich war im Herbst 1999 in zwei Zahnpastatuben aus dem Haushalt des Athleten das Dopingmittel Norandrostendion entdeckt worden. Nach einer Anzeige wegen Körperverletzung gegen Unbekannt hatte das Sportgericht des DLV Baumann mehr als Opfer denn als Täter benannt. Dabei berief es sich auf die Ermittlungsresultate der Tübinger Kripo.

Die IAAF erkannte offenbar die Brisanz der schier unendlichen Geschichte. Und sie bildete ein vierköpfiges Gremium. Ihm gehörten mit Lamine Diack und Arne Ljungqvist der Präsident und der Vizepräsident an. An den Verzicht der Zusatzsperre knüpfte das Gremium keine Bedingungen.

Dieter Baumann erlegte sich gestern eine Wortkargkeit auf, die ihm bei seinem offenen Naturell schwer genug fallen musste. "Es gibt keinen Zweifel, dass ich laufe," sagte er als Erstes, und "ich lasse es offen, was ich laufe." Vielleicht ja sogar Marathon. Dieses Terrain wäre neu für ihn, doch hat er in jüngster Zeit schon mit Dauerläufen dafür trainiert. Dieter Baumann ist 36 Jahre alt, und besonders für dieses Metier noch nicht zu alt. "Ich habe im Moment Trainingsergebnisse," erzählte er erst in der vorigen Woche, "die sind exzellent."

Später gab Baumann noch eine schnell gestrickte Presseerklärung heraus. "Die letzten beiden Jahre waren für mich und meine Familie eine sehr schwere Zeit." Ehefrau Isabelle war kürzlich von sich aus als angestellte Bundestrainerin des DLV zurückgetreten. Ende Januar, so kündigte Baumann außerdem an, wird er sein neues Buch mit dem Titel "Lebenslauf" vorstellen. Hierin schildert der Läufer sein Leben während der letzten zwei Jahre.

Robert Hartmann

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