zum Hauptinhalt
Lehrling mit Erfolg. Zurzeit hospitiert Hyypiä bei Englands Nationalteam.

© dpa

Bayer Leverkusen: Sami Hyypiä – Arbeiten auf Finnisch

Sami Hyypiä hat Bayer Leverkusen in der Tabelle nach oben geführt – mit anderen Methoden als die anderen erfolgreichen Trainerkollegen aus der Fußball-Bundesliga.

Sami Hyypiä hat sehr gut Deutsch gelernt, auch schwierige Wörter gehen dem finnischen Teamchef des Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen leicht über die Lippen. In sonorer Basstonlage und mit hart gerolltem „R“ analysiert er die Spiele seines Teams – präzise und sachlich. Manchmal garniert Hyypiä, der am Montag 40 Jahre alt geworden ist, seine Bemerkungen mit einem leichten Lächeln. Wie am Samstag, als er nach dem sehr glücklichen 1:1 gegen den FC Bayern bemerkte, trotz allem freue ich mich für meine Spieler, „denn sie haben alles gegeben.“ Freude schimmerte durch, und das ist fast schon das höchste der Gefühle, was der 1,96 Meter große Mann öffentlich zeigt.

Niemals sieht man ihn an der Seitenlinie toben wie etwa die Kollegen Jürgen Klopp oder Pep Guardiola. Wenn Hyypiä mit den Schiedsrichtern hadert, dann schimpft er auf Finnisch, damit ihn niemand versteht.

Hyypiä sagt von sich, er sei ein ruhiger Mensch. Man könnte auch sagen: Der Mann ruht in sich. Und bleibt auf dem Boden, obwohl er aufgrund seines rasanten Saisonstarts mit Bayer 04 gerade in den Himmel gehoben wird. „Es ging sehr schnell, dass ich hier Trainer wurde. Und es kann auch schnell gehen, dass ich meinen Job verliere“, sagt Hyypiä dazu. Er will sich allein auf die Dinge konzentrieren, die er beeinflussen kann, nämlich: „Training und konzentrierte Vorbereitung auf die Spiele.“ Die Tabelle habe er sich lange nicht mehr angeschaut.

Dabei würde es sich lohnen. Gleichauf mit Dortmund liegt Leverkusen nach acht Spielen nur einen Punkt hinter den Münchnern. Ein so guter Auftakt ist selbst Jupp Heynckes nicht geglückt, der Bayer 04 von 2009 bis 2011 coachte.

Hyypiä schreibt in Leverkusen eine ungewöhnliche Geschichte. 2009 kam er als 36-jähriger Profi vom FC Liverpool zur Werkself. Er wollte seine Karriere in Leverkusen ursprünglich nur ausklingen lassen und nach zwei Jahren mit seiner Frau und den zwei Söhnen wieder gehen. Entweder heim nach Finnland oder in seine zweite Heimat Liverpool, wo der Verteidiger zehn Jahre spielte, die Champions League gewann und bis heute ein Idol ist.

Doch als Leverkusen ihm die Möglichkeit anbot, ihn 2011, nach dem Ende seiner Spielerlaufbahn, im Trainergeschäft anzulernen, blieb Hyypiä. Und dann ging es tatsächlich rasend schnell. Robin Dutt wurde im April 2012 gefeuert. Hyypiä, der noch keinen Trainerschein hatte, übernahm das Team zusammen mit dem Jugendcoach Sascha Lewandowski. In der vergangenen Saison führten sie Bayer im Duo auf Tabellenplatz drei.

Der Klub mühte sich anschließend sehr um Hyypiä, dessen internationaler Glanz die blasse Werkself schmückt. Als im Sommer bekannt wurde, dass Hyypiä das Team in der Spielzeit 2013/14 allein führen würde, sahen einige Beobachter dennoch Unheil aufziehen. Hyypiä, der naive Spielerfreund, ohne den Taktiker Lewandowski an seiner Seite – das könne nicht gut gehen, unkten sie. Sie haben Hyypiä unterschätzt. Auf dem Rasen bestach er durch Überblick und kluges Spiel. Den Trainerberuf geht er nun genauso konzentriert an. Das Jahr mit Lewandowski sah er als Lehrzeit und schaute sich viele Dinge bei dem erfahrenen Trainer ab. Danach fühlte er sich reif, den Job allein auszuüben – und weiterzulernen. „Zufriedenheit ist gefährlich und schlecht für die Weiterentwicklung“, lautet seine Botschaft. Die Länderspielpause in dieser Woche nutzt er für eine Hospitanz bei Roy Hodgson und der englischen Nationalmannschaft. Den englischen Fußball kennt er aus seiner Zeit als Spieler in Liverpool, Englisch spricht er noch besser als Deutsch. Seine Ausbildung als Fußballlehrer ist nicht abgeschlossen, deshalb firmiert er offiziell noch als Teamchef. Bis November will er seine Ausbildung als Trainer beendet haben, der finnische Verband hat für ihn bei der europäischen Fußball-Union Uefa den Weg zu einem zügigen Erwerb des Trainerscheins geebnet.

Hyypiäs Art kommt bei den Spielern hervorragend an, er ist für sie ein Vorbild. Mit Bayer-Profis wie Simon Rolfes, Stefan Kießling oder Stefan Reinartz spielte Hyypiä noch zusammen, sie duzen sich, ohne dass die Autorität des Trainers leidet.

Geprägt habe ihn seine Herkunft, erzählte Hyypiä, der im südfinnischen Dorf Voikkaa aufwuchs, einmal der „Kölnischen Rundschau“: „Das war ein Dorf mit einer Papierfabrik und mit ganz normalen, hart arbeitenden Leuten. Diese Mentalität habe ich bis heute. Auch im Fußball musste ich hart arbeiten, um mich zu entwickeln.“ Auch äußerlich lässt er sich nicht hängen, Hyypiä ist immer noch fit und schlank wie ein Sportler. Er betreibt Fitness-Training und spielt manchmal auf der anderen Rheinseite bei den Kölner Haien Eishockey, in der Traditionsmannschaft zusammen mit Uwe Krupp, dem Trainer der Kölner Haie. Krupp sagt: „Ich würde Sami sofort in mein Trainerteam aufnehmen.“ Als echter Finne hat Hyypiä diesen Sport natürlich schon als Kind gelernt.

Sami Hyypiä fühlt sich in Leverkusen, wie er sagt, sehr wohl, er denke zurzeit nicht an Engagements bei anderen Vereinen. Langfristig ziehe es ihn aber vielleicht doch auch mal aus der Bundesliga weg. "Es gibt zwei spezielle Plätze, wo ich mir vorstellen kann, eines Tages als Trainer zu arbeiten“, sagt er, „beim FC Liverpool und in Finnland als Nationaltrainer."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false