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Sport: Bayern will den Sechzigern Kredit geben

Der Rekordmeister fürchtet um das gemeinsame Stadionprojekt, weil der Zweitligist vor der Insolvenz steht

Die vorbeieilenden Tage haben Stefan Ziffzer gesprächig gemacht. „Wir haben noch bis Dienstag Zeit“, sagt der Geschäftsführer des TSV 1860 München. „Wenn wir die Probleme bis dann nicht gelöst haben, müssen wir einen Antrag auf Insolvenz stellen.“ 1860 hat eine bewegte Vergangenheit, doch gegenwärtig erlebt der Fußball-Zweitligist wohl die dramatischsten Stunden seiner Vereinsgeschichte. Rund 10 bis 15 Millionen Euro Schulden hat der Klub angehäuft. Für die Erteilung der Lizenz für die kommende Spielzeit verlangt die Deutsche Fußball-Liga einen Bonitätsnachweis in gleicher Höhe; Stichtag ist offenbar der 30. April. Wenn bis dahin kein Geldgeber auftaucht, muss der Klub Insolvenz anmelden. „Es wird ein Kampf gegen die Zeit“, sagt Ziffzer. „Wer dem Verein helfen will, soll sich bei mir melden. Mir ist völlig egal, woher die Hilfe kommt.“

Zum Leidwesen vieler Anhänger der Blauen dürfte die Hilfe ausgerechnet vom verhassten Lokalrivalen kommen: dem FC Bayern. Uli Hoeneß, der Manager der Roten, hatte am Wochenende nach einem prüfenden Blick in die Bücher festgestellt, dass 1860 „quasi insolvent“ und es nun an den Bayern sei, „unseren Partner und das Stadion zu retten“.

Der Bau der Allianz-Arena ist der Hauptgrund für die Existenzängste des kleineren Münchner Vereins. Noch in der Ära des allgewaltigen Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser hatte der Klub beschlossen, bei dem ehrgeizigen Projekt der beiden Münchner Vereine als gleichberechtigter Partner einer Stadiongesellschaft die gleiche Last wie der FC Bayern zu stemmen. Durch den Sturz in die Zweitklassigkeit aber ist 1860 finanziell dazu nicht mehr in der Lage. Zwar hat sich die sportliche Situation am Wochenende durch den 2:0-Erfolg über den Karlsruher SC bei nun vier Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsplatz etwas verbessert – um das wirtschaftliche Überleben zu sichern, hätte 1860 aber aufsteigen müssen.

Jeweils fünf Millionen Euro sowie einen Teil der Einnahmen aus dem Ticket-Verkauf müssen beide Klubs pro Jahr aufbringen, um die Kredite zurückzahlen zu können. Bei einem Kollaps des Partners müsste der FC Bayern die rund 330 Millionen Euro teure Arena künftig allein finanzieren. Dieses Szenario hat die beiden einstigen Rivalen nun noch enger aneinander gekettet. „Retten wäre nicht das richtige Wort, aber wir sind bemüht, eine Lösung zu finden – schon aus Eigeninteresse“, sagte Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern. „Ich bin da nicht pessimistisch.“ Die Bayern werden 1860 wohl einen Kredit von mehr als zehn Millionen Euro geben und dafür ihr viel gepriesenes Festgeldvermögen von rund 150 Millionen Euro angreifen müssen. Als Sicherheit dienen ihnen dabei die Anteile der Sechziger am Stadion. Diese könnten dann in fünf oder zehn Jahren wieder ausgelöst werden. Bisher halten beide Vereine je 50 Prozent.

Weil die Bayern aber eine Aktiengesellschaft sind, können sie nicht einfach ohne die Zustimmung der Anteilseigner einen Kredit vergeben. „Wir müssen dazu auch den Aufsichtsrat befragen“, erklärte Hoeneß. Im Aufsichtsrat sitzen unter anderem Vertreter der Großsponsoren des FC Bayern wie Telekom-Vorstand Karl-Gerhard Eick, Audi-Chef Martin Winterkorn oder Herbert Hainer, der Vorstandsvorsitzende von Adidas. Am Montagabend wurde der Aufsichtsrat auf einer Sitzung über die Rettungspläne für die Sechziger informiert. „Wir haben dem Aufsichtsrat geschildert, wie der Stand der Dinge bei 1860 ist“, sagte Rummenigge, „und der ist dramatisch.“ Bis Ende der Woche sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein.

Wenn es nach dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Bayern geht, ist die Hilfe beschlossene Sache. „Wir sind ja interessiert daran, dass die Sechziger am Leben bleiben und sie mal wieder in der Bundesliga spielen“, sagte Franz Beckenbauer. „Wenn sie Hilfe brauchen, werden sie sie bekommen. Wir werden ihnen brüderlich zur Seite stehen.“

Moritz Küpper[München]

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