zum Hauptinhalt

Sport: Beine gehören in den Bauch

Ach England, du bist auch nicht mehr das, was du einmal warst. Früher ging die Sonne in deinem Empire nie unter, das Pfund war die härteste Währung der Welt, die Beatles beherrschten den Planeten, James Bond war das Idol aller kleinen Jungs.

Ach England, du bist auch nicht mehr das, was du einmal warst. Früher ging die Sonne in deinem Empire nie unter, das Pfund war die härteste Währung der Welt, die Beatles beherrschten den Planeten, James Bond war das Idol aller kleinen Jungs. Heute verlierst du bei der Cricket-WM gegen Bangladesch, sogar Oasis haben sich im Streit getrennt, James Bond lächelt nicht mehr. Seit gestern muss man nun befürchten, dass du dich endgültig abschaffst: Die Londoner Polizei hat verkündet, dass Zuschauer bei den Olympischen Spielen 2012 vor den Wettkampfstätten weniger als zehn Minuten Schlange stehen sollen, das sei sicherer und angenehmer für alle.

Dabei ist das „Queuing“ das Fundament deiner Zivilisation. Die Kunst des demütigen Anstehens sollte bereits in Einbürgerungstests aufgenommen werden, nur Engländer schaffen es, selbst dann eine Schlange zu bilden, wenn sie alleine an der Bushaltestelle zu stehen. Die Essenz dieser Tradition zeigt sich in Wimbledon, wo Tausende alljährlich vor dem Tennisstadion campieren. Im Morgengrauen klopfen Ordner behutsam zum Wecken an die Zeltwände, worauf sich die Wartenden einreihen, eine „Queue Card“ mit Wartenummer bekommen und sich dann beseelt die Beine in den Bauch stehen.

All das willst du, England, nun den Olympia-Gästen in London vorenthalten – die Sommerspiele könnten genauso gut in Riad oder Wladiwostok stattfinden. Warum lässt du nicht gleich noch den Tee verbieten? Das warme Bier? Rote Busse? Pferderennen und überkandidelte Hüte?

Nur die miesen Fußballtorhüter, England, die lass uns bitte. Sonst können wir dich wirklich nicht mehr ernst nehmen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false