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Alexander Huber, 39, ist Profi-Bergsteiger. Er und sein älterer Bruder Thomas machten sich als "die Huberbuam" einen Namen als Extrem- und Sportkletterer. Der Regisseur Pepe Danquart verfilmte in "Am Limit" den Versuch der beiden Bayern, einen Geschwindigkeitsrekord im Yosemite-Park aufzustellen.

© dpa

Bergsteiger Huber über Hertha: "Man kann nicht ewig oben bleiben"

Profi-Bergsteiger Alexander Huber kennt sich aus und gibt Hertha BSC Tipps für den richtigen Abstieg. Er und sein älterer Bruder Thomas machten sich als "die Huberbuam" einen Namen als Extrem- und Sportkletterer.

Herr Huber, Hertha BSC ist in dieser Saison zum fünften Mal abgestiegen. Wie viele Abstiege haben Sie schon hinter sich?
Viele, weit über Tausend.

Sie sind also ein Abstiegsexperte.
Eigentlich nicht, denn ich habe genau so viele Aufstiege gemacht. Wo es einen Abstieg gibt, muss es ja vorher einen Aufstieg gegeben haben. Mit Ausnahme eines Berges, auf den eine Seilbahn hochfährt. Dann geht man zu Fuß rauf und fährt mit der Seilbahn runter. Das mache ich aber nicht.

Was macht denn beim Bergsteigen mehr Spaß: Auf- oder Abstieg?
Im Prinzip ist unsere Motivation immer der Aufstieg. Man sieht im Abstieg nicht das direkte Ziel, sondern nur das Notwendige, das dann hinterherkommt.

Ist das im Fußball nicht ähnlich? Der Aufstieg ist Ziel, der Abstieg passiert eben…
…ja, und man muss damit leben. Der Abstieg kann ganz schön unangenehm sein. Aber man kann nicht ewig oben bleiben. Das gilt ebenso für Fußballmannschaften, wenn auch vielleicht nicht für alle. Der Hamburger SV oder die Bayern sind sicher weit weg vom Abstieg, aber auch die können irgendwann so weit kommen. Vielleicht in 50 oder 100 Jahren.

Im Fußball geht es ums Obenbleiben. Würde ein Bergsteiger nicht auch am liebsten oben bleiben auf dem Gipfel?
Rein physisch gesehen können wir das nicht. Bei uns ist das Obenbleiben begrenzt. Ein Verein kann seinen Kader verjüngen und erneuern, während wir es mit unseren alternden Körpern zu tun haben.

Wann müssen Sie wieder runter?
Wenn das Wetter schön ist und man früh oben ist, kann man schon mal eine Stunde am Gipfel eines Achttausenders verbringen. Aber die meisten werden sich nach zehn bis fünfzehn Minuten sputen und absteigen. Die Zeit, die man in einer Höhe von siebentausend Metern und aufwärts verbringt, sollte möglichst kurz sein. Dort ist ein Aufenthalt mit Risiko verbunden: Man weiß, dass der Körper nur sehr eingeschränkt funktioniert.

Mit welchen Gefühlen geht man dann an den Abstieg ran?
Am besten man ist noch fit und verfügt über Kraftreserven. Dann ist es schön, weil es in Richtung Ziel geht.

Ist der Abstieg nicht besonders gefährlich, weil man auch entkräftet und unaufmerksamer ist?
Oh ja. Gerade im Himalaya haben sich viele Dramen erst im Abstieg abgespielt, weil viele beim Aufstieg nur den Gipfel im Auge haben. Viele überschätzen sich, verausgaben sich und dann, beim Abstieg, kommt es zum physischen und psychischen Zusammenbruch. Manche stürzen ab, andere bleiben dann einfach sitzen.

Wie bewältigt man einen Abstieg richtig?
Indem man nachhaltig Bergsteigen geht und sich seiner eigenen Stärken und Schwächen bewusst ist. Immer dann, wenn man allein schon für den Aufstieg alle Kraftreserve mobilisieren muss, wird es beim Abstieg kritisch.

Im Fußball gibt es auch Vereine, die mit aller Macht nach oben kommen wollen.
Das kann ähnlich kritisch sein wie beim Bergsteigen! Wer mit viel Geld nach oben kommen will, riskiert eben auch die Pleite. Denn wer garantiert schon, dass ein teuer eingekaufter Spielerkader auch den Aufstieg bringt? Die Grundlage eines jeden Erfolges ist, dass ein Verein auf einer soliden Basis steht. Dann kann es zwar immer noch sein, dass der Aufstieg nicht in der ersten Saison kommt, aber irgendwann kommt er bestimmt. In unserem Kinofilm „Am Limit“ von Pepe Danquart, der im März 2007 in die Kinos kam, kann man durchaus Parallelen dazu finden.

Warum?
Darin geht es um die schnellste Begehung einer weltbekannten Route im kalifornischen Yosemite-Nationalpark. Thomas und ich sind daran gescheitert, zumindest während der Dreharbeiten. Der Film endet also mit unserer Niederlage. Oft wurden wir damals von der Presse gefragt, wie das ist, einen Film über das Scheitern in der Öffentlichkeit zu zeigen. Ich habe dann immer geantwortet, dass wir ja nicht endgültig gescheitert sind. Denn am Ende des Films steht breit auf der Leinwand: Alexander und Thomas werden so lange ins Yosemite-Valley reisen, bis sie sich ihre Träume erfüllt haben.

Wäre das auch ein guter Rat an Hertha BSC, falls der Aufstieg in der nächsten Saison nicht klappt?
Genau so ist es: nicht aufgeben und es weiter versuchen.

Das Gespräch führte Benedikt Voigt.

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