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Sport: Berlin baut München auf

Hertha BSC spielt schlecht und hat bei der 1:4-Niederlage beim FC Bayern nicht den Hauch einer Chance

Patrick Ebert wusste, dass jetzt alle Blicke auf ihn gerichtet waren. Also hielt er sich zurück. Er befolgte sämtliche Regeln der Höflichkeit, ging zu Lucien Favre, gab ihm die Hand und setzte sich, ohne ein böses Wort, auf die Ersatzbank. Es sah fast so aus, als wollte Ebert seinem Trainer am liebsten dafür danken, dass er ihn vom Feld geholt hatte, nach nicht einmal 40 Minuten. Ebert, in den vergangenen Wochen einer der Besten bei Hertha BSC, war nach seiner schwachen Darbietung fürs Erste erlöst. Seine Kollegen aber mussten weiter leiden. Es ist in jedem Jahr das gleiche Schauspiel: Der Berliner Bundesligist reist mit hohen Erwartungen zum Auswärtsspiel zum FC Bayern – und kehrt ernüchtert zurück. „Hertha in München – das klappt überhaupt nicht“, sagte Kapitän Arne Friedrich. 1:4 (0:1) unterlag Hertha dem Deutschen Meister, seit 31 Jahren warten die Berliner auf einen Sieg in München.

„Wir haben richtig schlecht gespielt“, sagte Friedrich, nein: „Wir haben eigentlich überhaupt nicht gespielt.“ Beide Mannschaften waren mit einer ähnlichen Taktik angetreten, Lucien Favre und Jürgen Klinsmann ließen ihre Teams mit nur drei Mann in der Abwehr verteidigen, trotzdem lagen Welten zwischen ihnen. „Ein so unterlegenes Spiel habe ich selten erlebt“, fand Herthas Kapitän. Die Bayern konnten ihren zusätzlichen Mann im Mittelfeld besser einbringen als die Berliner – das lag wohl weniger am System als an der Einstellung. Die Münchner attackierten aggressiv, Hertha konnte sich kaum einmal spielerisch aus der eigenen Hälfte befreien. „Wir wollten viel Druck machen, wir wollten die Zweikämpfe suchen“, sagte Klinsmann nach seinem ersten Bundesligasieg mit den Bayern. „Das hat natürlich gut getan.“

Nur etwas mehr als zehn Minuten hielten die Berliner der Münchner Belagerung stand, dann gingen die Bayern mit ihrer ersten Chance in Führung. Luca Toni entledigte sich am Strafraum mit einer Körperdrehung seines Gegenspielers Steve von Bergen und überwand dann Torhüter Jaroslav Drobny. In Herthas Abwehr fehlte wie schon vor einer Woche gegen Bielefeld Josip Simunic, allerdings gab die Personalie diesmal keinen Anlass zu wilden Debatten. Der Kroate hatte schon am Freitag wegen Rückenbeschwerden nicht trainieren können und stand deshalb nicht einmal im Kader.

Die Berliner erwiesen sich wieder einmal als höflicher Aufbaugegener für die Bayern, die sich nach allgemeiner Einschätzung am Rande einer Krise bewegten. In der Defensive ließen sie anfangs noch wenig zu, in der Offensive aber fanden sie so gut wie gar nicht statt. Einmal gelang in der ersten Hälfte das schnelle Umkehrspiel über Marko Pantelic und Raffael, der nach einem Dribbling an Daniel van Buyten scheiterte. „Es war wieder viel zu viel Respekt dabei, wie jedes Jahr“, klagte Friedrich.

Dass am Ende das gleiche Ergebnis für Hertha herauskam wie beim Finale der vergangenen Saison, lag an einer desaströsen zweiten Halbzeit, in der die Berliner von den Bayern regelrecht überrannt wurden. „Wir sind nach dem 0:1 ein wenig in Panik geraten“, sagte Trainer Favre. „Statt weiter mit Geduld und Intelligenz zu verteidigen, haben wir die Orientierung verloren.“ Nach der Pause konnte Hertha auch defensiv nicht mehr gegenhalten. Immer wenn die Bayern schnell und direkt nach vorne spielten, kamen die Berliner nicht mehr hinterher. Vor dem 0:2 beobachtete Lukasz Piszczek den Doppelpass zwischen Zé Roberto wie ein unbeteiligter Zuschauer, Lahm umkurvte auch noch Friedrich und schlenzte den Ball ins Tordreieck.

Nur zwei Minuten später verschuldete Steve von Bergen seinen ersten von zwei Elfmetern, Bastian Schweinsteiger verwandelte zum 3:0, mit dem zweiten Strafstoß durfte Miroslav Klose seine seit dem 1. März andauernde Torlosigkeit beenden. Weil anschließend nur noch Marko Pantelic für die Berliner verkürzte, während die Bayern einige gute Möglichkeiten ausließen, fand Dieter Hoeneß, Herthas Manager, seine Mannschaft mit dem 1:4 „noch gut bedient“. Trotzdem: Im nächsten Jahr müssen sie wohl wieder in München antreten.

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