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Sport: „Berlin ist oberflächlicher als Hamburg“

Füchse-Manager Bob Hanning vor dem Spiel gegen seinen früheren Klub HSV

Herr Hanning, am Sonntag spielen Ihre Füchse Berlin um 17 Uhr in der Schmeling-Halle erstmals gegen den HSV Hamburg – den Verein, der Sie vor zwei Jahren gefeuert hat, nachdem Sie ihn vor der Insolvenz und dem Zwangsabstieg gerettet hatten. Sie brauchen jetzt gar nicht erst versuchen, das als normales Spiel darzustellen.

Natürlich ist das was Besonderes, weil ich sehr viel Herz in den HSV gesteckt habe, genauso wie jetzt in die Füchse. Das ist nach wie vor meine Mannschaft, das Grundgerüst steht ja noch. Da sind schon Emotionen und auch Freude aufs Wiedersehen dabei.

Freude? Die Spieler haben damals gegen Sie revoltiert.

Da ist überhaupt kein Gram. Ich treffe mich regelmäßig mit dem HSV-Präsidenten Andreas Rudolph, auch mit den Spielern wie Torsten Jansen stehe ich weiter in Kontakt. Ich sehe das nicht so eindimensional und sage: Die bösen anderen haben mich rausgeworfen. Man muss hinterfragen, wie es dazu kommen konnte.

Eine Begründung der Spieler für den Aufstand war neben zu laschem Training Ihre teils überharte Kritik.

Ich hatte über eine lange Zeit so viel zu tun und parallel eine Mannschaft zu trainieren, dass ich wahnsinnig viel Kraft verloren und auch irgendwann nicht mehr richtig zugehört habe.

Auch in Berlin holen Sie gern mal die verbale Keule raus. Haben Sie nichts gelernt?

In Hamburg war ich Trainer, hier bin ich Geschäftsführer. Ich handle Verträge mit Spielern aus, die eine gewisse Leistung vorsehen. Wenn ich das Gefühl habe, da gibt einer nicht alles für dieses Projekt, wie zuletzt beim Pokalaus gegen Düsseldorf, dann es ist meine Verpflichtung als Geschäftsführer, darauf hinzuweisen.

In Hamburg haben Sie aber auch Sponsoren geholt. Sind die Möglichkeiten für Profisport in der Handelsstadt besser als in Berlin?

In Hamburg liegt das Geld auf der Straße, du musst es nur aufheben. Und wenn du dich dort mit einem Menschen unterhältst, ist ein Wort ein Wort.

In Berlin nicht?

Berlin ist viel oberflächlicher. Das ist eben eine Metropole, aber es ist trotzdem nicht so viel Geld in der Stadt. In Hamburg fahren die Menschen einen 500 SL und machen aus Understatement das Typenschild ab. In Berlin fahren Sie einen 300 SL, machen das Typenschild ab und kleben stattdessen 500 SL drauf.

Sie mussten erstmal zeigen, was unter Ihrem Typenschild für ein Motor steckt?

Wir mussten erstmal Vertrauen schaffen und zeigen, dass wir da seriös rangehen und das halten, was wir versprechen. 21 Jahre lang haben die Leute bei den Füchsen erzählt, das wird schon wieder was mit der Ersten Liga. Aber ihre Konzepte haben vom Verein gelebt und nicht für ihn. Heute rufen mich die Sponsoren von selbst an, bei denen ich früher keine Termine gekriegt habe.

Tut die Politik in Hamburg mehr für den Spitzensport? Bürgermeister von Beust war aktiv an den Rettungsversuchen für den HSV beteiligt – Klaus Wowereit war noch nicht einmal bei den Füchsen in der Halle.

Er wollte einmal kommen, aber da kam was dazwischen. Letztlich musst du dir auch selbst helfen, das ist nicht Aufgabe der Politik. Aber die Politik muss auch begreifen, dass Sport ein Wirtschaftsfaktor ist, der Geld in die Stadt bringt.

Sie wollen den Etat der Füchse in drei Jahren von momentan rund 2,7 Millionen auf 5 Millionen Euro erhöhen, also auf das Niveau des HSV. Wie wollen Sie das denn in dieser armen Stadt schaffen?

Durch bundesweite Unternehmen. Der Vorteil ist ja, dass Berlin auch Hauptstadt ist. Im Handball kann nur ein Verein damit werben, der Hauptstadtklub zu sein – und das sind wir. Damit werden wir in Zukunft noch viel mehr spielen.

Um genauso viel Geld mit den Zuschauern zu verdienen wie der HSV in der Colorline-Arena, bräuchten Sie die neue O2-World. Planen Sie schon den Umzug?

Überhaupt nicht. Hamburg hat glaube ich einen Schnitt von 8000 oder 9000. Wir haben inzwischen über 5000 Zuschauer im Schnitt, in die Schmeling-Halle gehen 10 000. Wenn wir es schaffen, die ständig vollzukriegen, dann haben wir schon Großes geleistet.

Die Füchse werden also nicht in der O2-World spielen?

Ich sage nicht nie – natürlich kann das Spaß machen, dort mal gegen Kiel vor 14 000 Menschen zu spielen. Aber für unser Projekt ist die Schmeling-Halle genau die richtige.Natürlich hat sie auch Nachteile – man kann keine Vip-Boxen verkaufen. Doch wenn sie voll ist, ist die Atmosphäre unschlagbar, weil die Leute so dicht dransitzen.

Ihr Vertrag läuft 2008 aus. Wohin gehen Sie als nächstes?

Wenn man einmal von einer Landeshauptstadt in die Bundeshauptstadt gewechselt ist – wo will man dann noch hin? Wenn ich jetzt gehen würde, würde ich eine offene Baustelle hinterlassen. Im Lebenslauf liest sich das sehr schlecht. Die logische Konsequenz ist, dass ich erst meine Hausaufgaben mache und dann meinen Vertrag verlängere.

Wäre Ihr Projekt Berlin beim Abstieg beendet?

Damit beschäftige ich mich nicht, und das ist kein Witz. Ich bin wie ein Stromkasten, in den jeder seinen Stecker zum Aufladen stecken kann. Wenn ich 100 Prozent Energie habe und ich nur 10 Prozent über solche Dinge nachdenke, fehlen 10 Prozent positive Energie, dazu kommen noch 10 Prozent negative – macht 20 Prozent Energieverlust. Wenn es denn so kommt, werden wir besondere Maßnahmen treffen und auch diese Situation meistern.

— Das Gespräch führte Christian Hönicke.

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