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36. Berlin-Marathon

© ddp

Berlin-Marathon: Gebrselassie gewinnt - ohne Weltrekord

Haile Gebrselassie gewinnt den Berlin-Marathon. Für einen Weltrekord reicht es diesmal jedoch nicht. "Ich habe heute sehr viel gelernt", sagt der Champion aus Äthiopien, für den der letzte Teil der Strecke schwierig war. Bei den Frauen siegt seine Landsfrau Atsede Besuye.

Schon deutet sich die nächste Erfolgsgeschichte an, Haile Gebrselassie, Meistertrainer des Marathon. Er könnte sofort anfangen, sein Wissen ist auf dem allerneusten Stand. „Ich habe heute sehr viel gelernt, und wenn ich einmal Marathon-Trainer werde, dann werde ich ein sehr guter Trainer“, hat der Äthiopier gesagt nach seinem Rennen in Berlin, seinem vierten Sieg hintereinander, und hat dazu noch herzhaft gelacht.

Was er jetzt vor allem weiß, ist, dass Marathon mehr als angenommen mit Meteorologie zu tun hat. Denn als er losgelaufen ist am Sonntag auf der Straße des 17. Juni, hat er noch fest geglaubt, seinen eigenen Weltrekord verbessern zu können, den er im vergangenen Jahr in Berlin aufgestellt hatte mit 2:03:59 Stunden. „Ich dachte, es wird ganz leicht, ich dachte, ich kann 2:03 Stunden laufen.“ Dieser Rekord-Optimismus hat angehalten bis zu Kilometer 32. Dann lief Gebrselassie aus dem Schatten heraus.

Das, was dazu beigetragen hat, den Marathon am Sonntag in der Stadt wieder zu einem fröhlichen Volksfest zu machen, bekam dem besten Läufer gar nicht gut. Sonne im Gesicht mag Gebrselassie nicht. „Es ist zu warm geworden. Ich bin wie ins Unbekannte gelaufen.“ Auf einmal konnte er sein Tempo nicht mehr halten, Kilometer 32 war der schnellste für ihn in diesem Rennen, 2:46 Minuten, doch in der Sonne stiegen seine Kilometerzeiten über die Grenze von drei Minuten, und als er ins Ziel kam, zeigten die gelben Ziffern der Zeitnahme 2:06:08 Stunden an.

Er muss sich wie ein Schüler vorgekommen sein auf den letzten Kilometern, dem der Marathon eine Lektion erteilt. Aber er hat sie gelernt, „jetzt weiß ich, dass es nicht wärmer als 17 Grad sein darf, wenn du den Weltrekord verbessern willst“, sagte er. Am Start waren es noch 14, im Ziel 19, und Wolken waren Gebrselassie auch nicht zu Hilfe gekommen. Er hätte sein Rennen vielleicht anders eingeteilt, wenn er den Sonneneinbruch vorausgesehen hätte. „Ich wusste von Kilometer 33 an, dass der Weltrekord nicht mehr zu erreichen ist“, sagte der 36-Jährige, „dann bin ich auch immer langsamer geworden.“ Ein schöner Tag war es dennoch für ihn. „Ich bin glücklich, dass ich hier in dieser Atmosphäre laufen durfte, die Zuschauer waren einfach wunderbar.“

Sein vierter Start in Berlin brachte Gebrselassie den vierten Sieg, als erster Läufer hat er den Berlin-Marathon vier Mal gewonnen. Aber da sollte doch diesmal etwas anders sein in Berlin, ein Duell hatten die Veranstalter um Renndirektor Mark Milde geplant und neben Gebrselassie noch den zweitschnellsten Läufer überhaupt eingeladen, den Kenianer Duncan Kibet. Am Anfang folgte er Gebrselassie noch auf dem Fuß, umringt von einer Gruppe Tempomacher. Bei Kilometer 18 aber meldete seine Hüfte einen Schmerz, und Kibet musste Gebrselassie ziehen lassen, bei Kilometer 32 stieg er sogar aus.

Auf den letzten Kilometern holte dafür ein anderer Kenianer auf, Francis Kiprop, am Anfang hatte er sich nicht eingelassen auf die Rekordjagd der Spitzengruppe und war lieber seinem eigenen Plan gefolgt. Von Kilometer 30 an rannte er jedoch im Schnitt noch schneller als Gebrselassie und kam nach 2:07:04 Stunden ins Ziel, fast eineinhalb Minuten schneller als bei seiner bisherigen Bestzeit. „Du hättest zusammen mit mir laufen sollen“, sagte Gebrselassie hinterher und klopfte dem 27-Jährigen auf die Schulter.

Einer Landsfrau Gebrselassies ging es ähnlich wie ihm, Atsede Habtamu Besuye wollte 2:20 Stunden erreichen, doch an dieser Zeit lief sie vorbei, dafür kam etwas viel Wichtigeres heraus, der Sieg, 2:24:47 Stunden brauchte sie. Hinter ihr kam die Russin Silvia Skwortsowa an, in 2:26:24.

Haile Gebrselassie nimmt tatsächlich noch einen Weltrekord mit aus Berlin, den über 30 Kilometer in 1:27:49 Stunden, er muss nur noch bestätigt werden vom internationalen Verband. Gemeinsam mit Tempomacher Sammy Kosgei überquerte er in dieser Rekordzeit die 30-Kilometer-Marke, aber weil Kosgei zwei Kilometer später ausstieg, gehört der Rekord Gebrselassie. „Er passt gut in meine Sammlung“, sagte er. Den Weltrekord über 42,195 Kilometer werde er aber nicht vergessen. „Glauben Sie, ich fahre jetzt nach Hause und lege mich schlafen? Geben Sie mir etwas Zeit.“ Zeit zum Trainieren. Und Zeit zum Nachdenken, was der Himmel mit dem Marathon alles anstellen kann.

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