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Sport: Berlin und die Spiele: Olympia? Ja bitte!

"Die Rhein-Ruhr-Region ist olympia-geeignet - mit der Region Köln und der Landeshauptstadt Düsseldorf." Michael Vesper, grüner Sportminister von Nordrhein-Westfalen, verkündete vor kurzem voller Stolz das Ergebnis einer Untersuchung im Zusammenhang mit einer Olympiabewerbung 2012.

"Die Rhein-Ruhr-Region ist olympia-geeignet - mit der Region Köln und der Landeshauptstadt Düsseldorf." Michael Vesper, grüner Sportminister von Nordrhein-Westfalen, verkündete vor kurzem voller Stolz das Ergebnis einer Untersuchung im Zusammenhang mit einer Olympiabewerbung 2012. Leipzig, zusammen mit Riesa und Chemnitz im Boot, lässt für 2012/2016 eine Machbarkeitsstudie (Kosten: 160 000 Mark) erstellen. Stuttgart präsentierte seine olympischen Ambitionen bereits bei den Spielen in Sydney mit einem Miniaufgebot, während Frankfurt (Main) sich noch ein wenig bedeckt hält. Aber alle wollen.

Berlin will nicht. So hat es jedenfalls der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen nach einer Zusammenkunft mit dem NOK-Präsidenten Walter Tröger im Herbst verkündet. Olympia sei "definitiv kein Thema" ließ der Freizeitjogger Diepgen verlauten: "Wenn andere Regionen in Deutschland dies wollen, so unterstützen wir das."

Die Verblüffung über die brüske Absage hat sich mittlerweile gelegt. Und Peter Hanisch, Präsident von rund einer halben Million Sporttreibender unter dem Dach des Landessportbundes (LSB) Berlin, meldet unmissverständlich Widerspruch an: "Ich halte den Verzicht für voreilig und betrachte ihn als krassen Fehler. Man darf den Kopf nicht in den Sand stecken, nur weil man bei der gescheiterten Bewerbung 2000 Riesenfehler gemacht hat." Eine Olympiabewerbung würde "Impulse - für die Region und die Menschen - auslösen, die nicht hoch genug einzuschätzen sind". Man dürfe nicht nur die 16 Tage der Spiele sehen, sondern müsse bedenken, "was das für die Stimmung im Lande und für die Außenwahrnehmung Deutschlands bedeuten würde".

Sein Brandenburger Kollege, LSB-Präsident Edwin Zimmermann, ging im Gespräch mit dem Tagesspiegel in seiner Kritik noch einen Schritt weiter. Er sei "überrascht und verärgert, dass die Politik den Sport bei ihren Überlegungen und den Verzicht überhaupt nicht einbezogen hat". Berlin habe als Folge der Bewerbung 2000 enorm in Sportstätten investiert und mit dem Velodrom, Max-Schmeling-Halle und der Schwimmhalle olympiataugliche Anlagen. Berücksichtige man das Olympiastadion, das für die Fußball-WM 2006 saniert werde, sowie die zwei für Eishockey geplanten Großsporthallen, so habe man "hervorragende Voraussetzungen. Da wäre es töricht, diese nicht nutzen zu wollen". Die Stadt Brandenburg könne mit seiner neuen, für 200 Millionen Mark ausgebauten Kanu-und Ruderstrecke aufwarten. Und die Reiter würden in Neustadt/Dosse ein Areal erhalten, das alle Anforderungen an olympische Wettbewerbe erfüllt. Zimmermann glaubt an positive Schübe für die gesamte Region, "die nicht mit Geld aufzuwiegen sind".

Wer Klaus Böger während der Spiele in Sydney erlebt hat, musste annehmen, er sei ähnlicher Auffassung. "Wie die Bevölkerung hier begeistert mitmacht, das ist schon eindrucksvoll", bekannte Berlins Sportsenator seinerzeit beim "Berliner Abend" im "Deutschen Haus". Und er schien nicht abgeneigt, nach der Rückkehr das Thema Olympia auf den Koalitionstisch zu bringen.

Heute hat sich der SPD-Mann - ganz im Sinne des CDU-Chefs Diepgen - allerdings von solch kühnen Träumen verabschiedet. "Berlin muss nicht alles haben", lässt er von seinem Pressesprecher ausrichten. Und der listet kommende internationale Großereignisse auf: die Schwimm-EM 2002, die Volleyball-WM 2002, die Volleyball-EM und die Eisschnellauf-WM 2003, das Turnfest 2005 sowie Spiele der Fußball-WM 2006. Dazu bestünden gute Aussichten, die Leichtathletik-WM 2007 oder 2009 nach Berlin zu holen. Diese Höhepunkte, dazu andere wie Istaf und Marathon sowie die Existenz leistungsstarker Vereine, seien der Beweis dafür, "dass Berlin Deutschlands Sportstadt Nummer eins ist". Man dürfe nicht vergessen, dass auch viele kulturelle Veranstaltungen für die Attraktivität der Stadt stehen. Natürlich wäre eine Bewerbung "immer gut für die Infrastruktur, aber durch die Hauptstadtfunktion hat sich da vieles verbessert".

Das klingt fast so, als ob Berlins Infrastruktur bereits internationalen Maßstäben genügte. Wenn dies in wichtigen Details - Sportstätten, Verkehr, Hotelbetten -tatsächlich so ist, wäre dies ein Grund mehr, sich bis zum Herbst beim NOK als Kandidat zu erkennen zu geben. Aber Berlins Politik will offensichtlich nicht.

Ernst Podeswa

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