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Sport: Aufbautraining im Gemüseladen

Der junge Berliner Boxprofi Eduard Bulut träumt vom Kampf um die deutsche Meisterschaft

Beim Betreten der Halle wundert man sich: Wozu braucht der Veranstalter knapp fünfzig Sicherheitsbeauftragte? Die in schwarz gekleideten Männer mit kurz geschorenem Haar, Armeehosen und Springerstiefeln sind überall. Vor dem Eingang stehen zwei, an der Kasse drei, und vor der Halle bereitet einer saftige Steaks auf einem Grill zu. „Die sind nicht von der Security“, sagt Werner Castor und kann sich das Lachen nicht verkneifen. „Das sind unsere Zuschauer.“ Castor ist der Manager des Profiboxers Eduard Bulut.

Bulut bestreitet am Freitagabend im „Boxtempel Berlin“ in Weißensee seinen dritten Profikampf. Bislang ist er ungeschlagen. Die Halle ist mit knapp 400 Zuschauern ausverkauft. Als die schmissige Jazzband kurz vor dem Kampf nochmal ein Lied anstimmt, ruft eine stämmige Frau aus der dritten Reihe: „Wir wollen kein Gedudel hören, wir wollen Boxen sehen.“ Im „Boxtempel“ wartet man nicht gerne.

Als der Kampf in der Gewichtsklasse bis 76 Kilogramm dann endlich anmoderiert wird, erleben die Zuschauer eine Überraschung: Nicht der Ungar Istvan Szabo wird Bulut im Ring gegenüberstehen, sondern der Pole Arthur Mulinov. Szabo hat seine Teilnahme am Vormittag abgesagt. Angeblich hatte er einen Unfall. Eduard Bulut glaubt das nicht. „Der hatte Angst“, sagt er.

Acht Wochen lang hatte sich der 22-Jährige Bulut auf Szabo vorbereitet. Die Absage so kurz vor dem Kampf war ein Schock, auch für Manager Castor. „Wir mussten in Windeseile einen Gegner organisieren.“ Mit Mulinov holte der Manager einen Boxer, der nicht viel mehr Erfahrung als der junge Bulut hat. Sechs Profikämpfe hat der aus Stettin angereiste Mulinov in seiner Laufbahn absolviert. Drei hat er gewonnen, drei verloren. Nur: Mulinov ist 1,80 Meter, erheblich größer als Szabo. Deshalb macht sich Bulut Sorgen. „Ich habe mich auf einen kleinen Gegner eingestellt“, sagt der 1,76 Meter kleine Deutsch-Türke. Größere Probleme mit dem Polen hat er aber nur in der ersten Runde. In den folgenden drei Runden spielt er seine technische Überlegenheit aus. „Vur yatir onu“, rufen die vielen Türken im Publikum. „Hau ihn um“, bedeutet das. Das gelingt dem 22-Jährigen zwar nicht, aber er gewinnt souverän nach Punkten. Im Frühjahr des nächsten Jahres soll Bulut um die deutsche Meisterschaft boxen. „In den nächsten beiden Kämpfen müssen wir die Rundenzahl kontinuierlich steigern“, sagt Castor, der hauptberuflich Kommentator beim Fernsehsender Eurosport ist. Ein Kampf um die deutsche Meisterschaft geht über zehn Runden. In seinen ersten drei Profikämpfen hat Bulut jeweils vier Runden geboxt. Schon das war eine Umstellung: Seine 76 Amateurkämpfe gingen alle über drei Runden. Zweimal war Bulut Deutscher Amateur-Meister. „Der Unterschied zwischen Amateur- und Profiboxen ist, dass Profis kompromissloser boxen“, sagt Bulut. Deshalb will er drei Kilogramm abnehmen. 75 Kilo wiegt Bulut zurzeit. „Ich bin zu langsam“, sagt er. Die besten Voraussetzungen, um die Pfunde zu verlieren hat der gelernte Maurer. Halbtags arbeitet Bulut im Gemüseladen seines Vaters in Wilmersdorf. Dort kann er sich ohne große Mühe gesund ernähren.

Bulut hat einen weiteren Unterschied zum Amateurboxen festgestellt: „Die Profis legen mehr Wert auf eine Show.“ Probleme damit hat er nicht: Als Mulinov ihn am Kopf trifft, streckt er die Arme in Höhe, als wolle er sagen: „Du kannst mir nichts anhaben.“

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