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Sport: Der etwas andere Kraftakt

Bankdrücker wuchten bis zu 260 Kilo in die Höhe

Den Umfang seines Brustkorbs hat Lutz Mendelsohn noch nie gemessen. „Darauf kommt es doch auch gar nicht an“, sagt er. Die Muskeln, die sich selbst unter dem groben Stoff des Sweatshirts deutlich abzeichnen, sind nur ein willkommener Nebeneffekt des Trainings. „Es geht ja nicht darum, viel Muskelmasse aufzubauen, sondern um die Entwicklung einer möglichst großen Kraft. Ich bin ja schließlich kein Bodybuilder.“

Vor etwa einer halben Stunde ist der Fitnesstrainer aus Pankow in seiner Alters- und Gewichtsklasse Berliner Meister im Bankdrücken geworden. 195 Kilogramm hat er dazu in die Höhe gewuchtet. Jetzt steht der 52-Jährige vor der Sporthalle in Tiergarten und steckt sich erst mal genüsslich eine Zigarette an.

Mendelsohn legt großen Wert darauf, den Unterschied zwischen Kraftsport und Bodybuilding deutlich zu machen. Viel zu oft werden die beiden Sportarten vom Laien verwechselt. Das ärgert ihn. Denn beim Bodybuilding geht es nur um optische Aspekte, darum, wie die Muskeln definiert sind. „Das ist schon fast ein Schönheitswettbewerb.“ Beim Bankdrücken hingegen kommt es allein auf die Kraft an. Der Athlet legt sich auf die Hantelbank, die Füße müssen zu beiden Seiten fest auf dem Hallenboden stehen. Die Langhantel wird aus der Haltevorrichtung gehoben, langsam bis hinunter zur Brust gesenkt und dann in die Höhe gedrückt. Zur Sicherheit stehen zwei Männer neben der Hantelbank, um dem Sportler die Last abzunehmen, falls er es nicht allein schafft. Bei internationalen Wettkämpfen werden schließlich Gewichte bis zu 260 Kilogramm in die Höhe gewuchtet. Der dafür erforderliche Kraftaufwand ist den Athleten anzusehen: Der Kopf läuft rot an, die Adern an Stirn und Schläfen schwellen, manchmal treten die Augen hervor, und die Muskeln in Armen und Beinen zittern.

Drei Kampfrichter, die um die Hantelbank herum sitzen, entscheiden über die Gültigkeit des Versuchs. Denn der Sport ist stark reglementiert. Sogar die Bekleidung ist festgelegt, es muss ein Einteiler getragen werden. Unter dem engen Stoff treten die Muskeln deutlich hervor. Ist ein solch durchtrainierter Körper denn noch auf natürlichem Wege zu erreichen? „Dopingkontrollen gibt es bei Wettkämpfen auf Landesebene jedenfalls nicht“, sagt Joachim Lehmann, der Vizepräsident des Kraftsportverbandes Berlin. Die Landesverbände können sich die Dopingtests, die nach Angaben von Lehmann 200 Euro pro Person kosten, nicht leisten. Und wenn das Geld zur Verfügung stehen würde? Lehmann zögert, zuckt mit den Schultern. „Dann würde ich vielleicht trotzdem keine Tests durchführen lassen.“

Sophie Goetze

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