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Da wird der Fuchs in der Halle verrückt: Silvio Heinevetter brachte die Kieler zur Verzweiflung, sein Team und die Fans zum Jubeln.

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Update

Handball: Fuchs frisst Zebra

Die Füchse haben überraschend den amtierenden Deutschen Meister und Champions-League-Sieger THW Kiel geschlagen – dank ihres überragenden Torwarts Silvio Heinevetter.

Mehr Jubel geht nicht. Zwar sind die Füchse vom „We are the Champions“, das die 9000 in der ausverkauften Schmeling-Halle mit Inbrunst sangen, noch meilenweit entfernt, aber den Dank der Fans haben sie sich dennoch mit einer sensationellen Leistung verdient. Gegen den sechsmaligen Meister in Folge THW Kiel gewannen die Berliner 26:23 (14:11). Wer hätte ihnen diese Leistung zugetraut?

In den ersten vier Spielen der Saison, gegen Gegner von nur mittlerer Klasse, hatte das Team von Trainer Dagur Sigurdsson bei seinen Erfolgen noch große Probleme im Angriff offenbart. So war von vornherein klar, dass Kiel nur mit einer enormen Steigerung in Bedrängnis zu bringen sein würde. Bedrängnis? Die Füchse wollten viel mehr. An die 17-Tore-Niederlage gegen Kiel aus dem Vorjahr dachte niemand mehr. „Wir werden uns nicht vor dem THW hinlegen“, hatte Sigurdsson angekündigt, nach den 60 Minuten, die ihn sichtlich mitgenommen hatten, formulierte der Isländer: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

Dass die Füchse mit 10:0-Punkten nun alleiniger Tabellenführer in der Handball-Bundesliga sind, hatte aus Sicht von Kapitän Torsten Laen nur eine Ursache: „Wir alle haben gezeigt, was mit Glaube und Emotionen möglich ist.“ So waren die Füchse in diesem Spitzenspiel eben nicht nur der Spielpartner für den Favoriten. Sie machten laut Geschäftsführer Bob Hanning „Werbung in eigener Sache“.

Und doch gab es vor allem einen Spieler, der sich in einer aufopferungsvoll kämpfenden Mannschaft ein besonderes Lob verdiente: Torhüter Silvio Heinevetter. Vor den Augen von Bundestrainer Heiner Brand hielt er bereits in der ersten Halbzeit zwölf Bälle, teilweise schwersten Kalibers. Auch THW-Trainer Alfred Gislason sah in dem „überragenden“ Nationaltorhüter einen Grund für die Niederlage. „Aber auch die Füchse-Deckung stand sehr gut, wir hatten fast 30 Fehlwürfe“, sagte er. Und wünschte den Berlinern viel Glück für die weiteren Spiele.

Gislason musste vom Anpfiff an zusehen, wie die Mannschaft seines Landsmanns Sigurdsson immer wieder Mittel fand, sich in Szene zu setzen. Denis Spoljaric und Laen leisteten in der Abwehr Schwerstarbeit, aber auch der Angriff ließ sich sehen. Nur Filip Jicha, den Welthandballer des Vorjahres, bekamen die Füchse nicht in den Griff. Der Tscheche warf schließlich auch 13 Tore, aber die Füchse setzten dem Gefahr von allen Positionen entgegen. Gislason sah sich bereits in der zwölften Minute (5:7) gezwungen, die erste Auszeit zu nehmen. Irgendwie sah er da bereits das Unheil auf seine Mannschaft zukommen. Aber Kiel wurde nicht besser, die Füchse setzten immer noch eine gelungenen Aktion drauf. Beim 10:6 (14.) und 12:8 (18.) waren sie bereits mit jeweils vier Treffern vorn. Aber immer noch war zu erwarten, dass dies für die Kieler nur eine negative Zwischenstation sein würde. Was für ein Irrtum!

„Die Mannschaft hat eine unglaublich Moral bewiesen, als sie in Schwierigkeiten kam. Darauf kann ich nicht stolz genug sein“, sagte Dagur Sigurdsson. Er meinte jene Phase in der zweiten Halbzeit, als die Gäste 19:18 (46.) in Führung gingen. Die Füchse wackelten nur kurzzeitig, sie fielen aber nicht. Die zuletzt so gescholtenen Rückraumspieler bezwangen immer wieder den Weltklasse-Torhüter Thierry Omeyer – und bei den Gegenangriffen war Heinevetter nahezu unbezwingbar. Er ist ohnehin ein Torhüter, der über Emotionen zu seiner Leistung findet. Gegen Kiel, bei der nahenden Chance zum Erfolg, spielte er sich regelrecht in einen Rausch.

Die Fans waren längst alle aufgestanden, trieben ihre Mannschaft nach vorn. Und in dieser Phase traute sich Sigurdsson, den jungen Johannes Sellin einzusetzen, als die Füchse mit nur einem Treffer führten. Der 19-Jährige warf das 25:23, sorgte für die Entscheidung in der Schlussminute. Die Zugabe zum 26:23 durch Sven Sören Christophersen ging dann im Jubel unter.

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