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Sport: Bescheiden und zurückhaltend vergibt Hertha BSC in Porto eine große Chance

Als die anderen schon der Kabine zustrebten, ging er allein zu den Berliner Fans in die Westkurve, zog sein Trikot aus und warf es über den Zaun. Michael Preetz glaubte, es ihnen schuldig zu sein.

Als die anderen schon der Kabine zustrebten, ging er allein zu den Berliner Fans in die Westkurve, zog sein Trikot aus und warf es über den Zaun. Michael Preetz glaubte, es ihnen schuldig zu sein. "Die Leute fahren 2000 Kilometer weit, um sich unser Spiel anzusehen. Da ist es doch ganz normal, dass man sich bei ihnen bedankt." Sprachs und ging zum Bus, der vom Stadion Das Antas zum Hotel Palacio fuhr. Eine angenehme Geste nach einem Spiel, das nicht nur bei der Berliner Anhängerschaft zwiespältige Gefühle zurückließ.

Vielleicht bewog Preetz auch ein wenig das Gefühl, die Fans um einen wesentlich angenehmeren Abend gebracht zu haben. Hätte er in der Nachspielzeit bei seinem Kopfball nicht nur den Außenpfosten getroffen, wäre Herthas Rechnung an diesem Abend doch noch aufgegangen. "Dabei habe ich extra gegen die Laufrichtung des Torhüters geköpft, aber eben nicht ganz richtig getroffen." Es sind Zentimeter nur, die manchmal über Glück und Unglück entscheiden.

Wobei wohl niemand im Stadion Zweifel daran hatte, dass die richtige Mannschaft gewonnen hatte. Der FC Porto war nach der Pause klar besser, hatte die weitaus deutlicheren Torchancen und ließ sich auch durch ein zu Unrecht aberkanntes Tor nicht aus dem Konzept bringen. Eine Übermannschaft aber war der Portugiesische Meister nicht, wie auch Torjäger Jardel bei allem Aufblitzen seines zweifellos vorhandenen Könnens in der zweiten Halbzeit nicht der Supermann war. "Der würde in der Bundesliga keine 30 Tore schießen", sagte Hendrik Herzog, der sich mit Dick van Burik bei der Bewachung des Brasilianers ablöste.

Die Frage blieb, ob die Herthaner an diesem Abend nicht an ihrem mangelnden Mut scheiterten. Jürgen Röber, mit derartigen Überlegungen konfrontiert, wehrte sich vehement: "Wenn wir mit zwei Sturmspitzen beginnen und statt der Vierer-Abwehrkette Portos drei Stürmer in Manndeckung nehmen, dann kassieren wir wahrscheinlich ein 0:2 und werden für bekloppt erklärt." Eine Hypothese. Doch ob nun 0:2 oder 0:1 zu verlieren, ist am Ende sekundär. Eine Niederlage, in welcher Höhe auch immer, musste Herthas Chancen in der Champions League erheblich sinken lassen. Man könnte es nach all den Höhenflügen auch Normalität nennen.

Auch Michael Preetz hielt sich mit Kritik nicht zurück. Nicht mit Kritik an der vielleicht zu defensiven Anfangsformation, mehr an sich und den Mitspielern. "Nach unserer guten ersten Viertelstunde hätten wir uns nicht so weit zurückfallen lassen sollen. Da fehlte irgendwie die Verbindung zwischen dem Mittelfeld und mir." Und dann das Tor. "Da waren einige nicht voll auf der Höhe." Angesprochen fühlen durften sich nicht nur Dick van Burik und Andreas Thom. Leidtragender war am Ende auch der stark haltende Gabor Kiraly, vor dem Ljubinko Drulovic völlig allein stand. "Ich habe mit einer Reaktion möglichst lange gewartet, um ihn zu verunsichern. Leider ist dann genau das Gegenteil eingetreten."

Schlechte Erinnerungen an den Ausflug nach Portugal wird auch Marko Rehmer haben. Nach einem Zusammenstoß mit dem Portugiesen Esquerdinha bekam er eine Halsmanschette verpasst. "Eine Halswirbelstauchung. Rehmer muss mindestens eine Woche pausieren", sagte Mannschaftsarzt Ulrich Schleicher. Was heißt, dass Rehmer morgen nicht dabei ist, wenn es in Freiburg um Bundesligapunkte geht.

Schnell hat der Alltag die Berliner eingeholt. Vielleicht dreht sich nun alles: Punktverluste in der Champions League und Erfolge in der Bundesliga. Eigentlich eine Richtung, die Röber angenehmer sein sollte.

Klaus Rocca

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