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Schweigend im Blitzlicht. Uwe Schwenker nach dem Freispruch. Foto: dpa

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Sport: Betrug? Vielleicht

Im Zweifel für die Angeklagten: Freisprüche für Schwenker und Serdarusic im Kieler Prozess.

Keine Triumphgesten kamen, nicht einmal ein Lächeln huschte über ihre Gesichter, als Uwe Schwenker und Zvonimir Serdarusic am Donnerstagmorgen um kurz nach neun Uhr den entscheidenden Satz aus dem Munde des Vorsitzenden Richters Matthias Wardeck hörten: „Die Angeklagten sind freigesprochen.“

Seit fast drei Jahren hatten die früheren Meistermacher des THW Kiel damit zu leben, als Verdächtige in einer Manipulationsaffäre dazustehen, aus der erst eine Anklage gegen sie und dann ein vier Monate langer Prozess vor dem Kieler Landgericht wurde, in dem es – so Richter Wardeck – um „Indizien, Lügen, Gerüchte, Halbwahrheiten, persönliche Animositäten und wirtschaftliche Interessen ging“. Sollten sie froh, zufrieden oder auch nur erleichtert gewesen sein, konnte man das Schwenker und Serdarusic nicht ansehen. Für beide ist jetzt eine rasche Rückkehr zum Handball möglich – es sei denn, Oberstaatsanwalt Axel Goos macht von seinem Recht Gebrauch, beim Bundesgerichtshof in Leipzig Revision einzulegen. Goos sagte: „Ich werde die schriftliche Fassung des Urteils abwarten und dann entscheiden.“ In seinem Plädoyer vor neun Tagen hatte er eine achtzehnmonatige Haftstrafe auf Bewährung für Schwenker und eine siebzehnmonatige Haftstrafe auf Bewährung für Serdarusic gefordert.

Anderthalb Stunden erläuterte Wardeck sein Urteil. Die wichtigste Einschätzung setzte er dabei gleich an den Anfang: „Die Kammer ist nicht von der Schuld der Angeklagten überzeugt. Sie ist aber auch nicht von ihrer Unschuld überzeugt.“ Da es keine Verdachtsstrafen gebe und die Indizien nicht ausgereicht hätten, die Angeklagten zu verurteilen, müsse die Kammer sie freisprechen. „Es gibt keine Anhaltspunkte für eine Manipulation des zugrunde liegenden Spiels“, sagte Wardeck. Weder Betrug, Untreue oder Bestechung im geschäftlichen Verkehr sei Schwenker und Serdarusic nachzuweisen. Trotzdem seien viele Fragen offen geblieben.

Der Kern des Prozesses blieb auch für die drei Berufsrichter und die beiden Schöffen nebulös: Hat der Kroate Nenad Volarevic dem polnischen Schiedsrichter Miroslav Baum wenige Tage vor dem Rückspiel im Champions League-Finale gegen die SG Flensburg im April 2007 in Warschau 45 000 Euro in bar übergeben? Beweise dafür gibt es keine. Das hatte selbst Goos in seinem Schluss-Vortrag zugegeben. Der Ankläger hatte mittels der Flugdaten Volarevics von Zagreb über München nach Warschau rekonstruiert, dass Volarevic der Geldbote im Auftrag des THW sein müsse. Das reichte den Richtern nicht.

Als entlastend für die Angeklagten wertete das Gericht vor allem die „absolut glaubwürdigen“ Aussagen der beiden Schiedsrichter. Es gebe „keinerlei Verdachtsmomente“ gegen die in Kiel vernommenen Polen Baum/Goralczyk. Sie hatten behauptet, weder Geld angeboten noch angenommen zu haben. Das Spiel haben sie nach Meinung aller Experten ausgewogen geleitet. Den Weg der 92 000 Euro, die vom THW-Konto entnommen und laut Anklage für Schiedsrichterbestechungen verwendet wurden, konnte vom Gericht nicht mehr nachvollzogen werden. Man merkte Wardeck aber an, dass er frühere Aussagen Schwenkers bezweifelte, wonach das Geld für Volarevics Scoutingdienste eingesetzt worden sei.

Der feuchtfröhliche Abend des 30. Juli 2007 im Haus des ehemaligen HSV-Hamburg-Präsidenten Andreas Rudolph auf Mallorca blieb unbewertet – damals soll Schwenker betrunken geprahlt haben, er wisse wie man die Champions League gewinne. Nämlich durch Bestechung. Wardeck sagte: „Diese Spur wäre im Sande verlaufen und hätte den Prozess unnötig aufgebläht, weil wir Sachverständige hätten bemühen müssen, um herauszufinden, ob ein betrunkener Herr Schwenker lügt oder nicht. Das ist unmöglich.“

Für Schwenker scheint der Weg zurück zum THW frei – die wichtigsten Sponsoren und Trainer Alfred Gislason sind dafür. Serdarusics Zukunft ist ungewiss.

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