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Hoch hinaus. Dennis Schröder spielt mit den Atlanta Hawks eine hervorragende Saison und ist jetzt auch beim All-Star-Wochenende der NBA dabei.

© AFP

"Big Four" – die US-Sport-Kolumne: Die unheimliche Erfolgsserie der Atlanta Hawks in der NBA

Erfolg aus dem Nichts: Die Atlanta Hawks begeistern mit vielseitigem Teambasketball und sind in der NBA die Mannschaft der Stunde - obwohl sie vor der Saison niemand so richtig auf dem Zettel hatte. Unser Autor hat sich den jüngsten Erfolg live angeschaut.

Als nur noch 50 Sekunden auf der Uhr in der Philips Arena stehen, nimmt Jeff Teague, Spielmacher der Atlanta Hawks, plötzlich das Tempo aus seinem Dribbling. Er bleibt stehen, hakt den Ball unterm Arm ein – und die Zuschauer verstehen das Signal, springen auf und feiern. Die Hawks führen mit elf Punkten, das Spiel ist gelaufen, die Brooklyn Nets leisten keine Gegenwehr mehr. Als die restliche Spielzeit heruntergetickt ist, flackert auf dem mächtigen Videowürfel groß die Zahl 17 auf.

17 Siege in Folge: Die Atlanta Hawks sind das Team der Stunde in der Nordamerikanischen Basketball-Liga (NBA) und haben mit 38:8 Siegen die zweitbeste Bilanz aller 30 Teams. Eine völlig unerwartete Erfolgsstory – denn vor der Saison hätte mit einer solchen Dominanz wohl keiner gerechnet. Zum Vergleich: Genau 38 Siege hatten die Hawks vergangenes Jahr in der gesamten Saison – und das obwohl die Mannschaft weitestgehend die selbe ist. 

Umso größer ist die Euphorie, die derzeit in der Arena im Herzen der Südstaatenmetropole zu spüren ist. Die Hawks sind plötzlich wer, bekommen endlich auch mal Respekt vom Rest der Liga – wann war das schon mal der Fall? In der jüngeren Vergangenheit zumindest eher kaum.

Zuletzt prägte der siebenfache NBA-Allstar Joe Johnson eine Hawks-Ära, in der das Team zwar ganz gut, aber nicht gut genug war. Seit 2007 erreichten die Hawks jedes Jahr die Playoffs, kamen dort aber in der ohnehin deutlich schwächeren Eastern Conference nie über die zweite Runde hinaus.

Die Atlanta Hawks sind plötzlich angesagt

Doch jetzt ist plötzlich alles anders. Joe Johnson steht zwar auch an diesem Mittwochabend auf dem Parkett der Philips Arena, nur trägt er mittlerweile das Trikot der Brooklyn Nets. Und er muss trotz starker Leistung mit ansehen, wie der Klub, dessen Anführer er selbst jahrelang war, ohne ihn den Vereinsrekord weiter ausbaut und eine völlig neue Begeisterung entfacht.

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Die Atlanta Hawks sind plötzlich angesagt. In den Fanshops im Innenraum der Arena herrscht Riesenandrang. „Seitdem diese Siegesserie läuft ist es total verrückt hier, wir verkaufen viel mehr als vorher“, erzählt einer der Angestellten. „Ich glaube, sobald da draußen ein Spieler einen Dreier wirft, kommen die Fans sofort in den Shop gerannt um sein Trikot zu kaufen.“

Auch die Zuschauerzahlen sind  hervorragend, die Philips Arena ist sogar immer wieder mal ausverkauft. Kaum überraschend bei der Erfolgsserie, aber umso erfreulicher für die Hawks, weil genau das in den Jahren zuvor ein heikles Thema war. Jahrelang kämpften die Hawks-Verantwortlichen gegen das mangelnde Interesse der Fans an, nicht zuletzt mit massenhaft Freikarten. Dies brachte zwar auch nicht mehr Fans in die Halle, dafür aber einen handfesten Rassismus-Skandal: Im September 2014 wurde eine E-Mail von Hawks-Besitzer Bruce Levenson öffentlich, in der er schrieb, dass zu viele der Tickets in den ärmeren Vierteln Atlantas verteilt wurden – dadurch seien verstärkt Schwarze zu den Spielen gekommen, die dann wiederum das weiße Publikum verschreckt hätten. Eine Affäre, in dessen Verlauf Levenson ankündigte, seine Anteile an den Hawks zu verkaufen und sich zurückzuziehen. Ein weiterer Einschnitt, der wie schon die Verpflichtung von Trainer Mike Budenholzer vor knapp zwei Jahren offenbar sehr positive Auswirkungen hat.

Die neuen Hawks zeichnet vor allem aus, dass sie nicht mehr auf einen Superstar wie eben Joe Johnson fixiert sind. Teambasketball heißt das Stichwort und immer wieder fällt der Vergleich mit den San Antonio Spurs, die in dieser Kategorie in den letzten Jahren das Maß aller Dinge waren. Eine ausgeglichene Mannschaft gepaart mit viel Einsatz und einer uneigennützigen Spielweise jedes Einzelnen – ein Rezept, mit dem auch schon Dirk Nowitzkis Dallas Mavericks 2011 zum NBA-Titel stürmten.

Immer wieder fällt der Vergleich mit den San Antonio Spurs

Bei den Hawks kann im Grunde jeder Spieler sowohl zum Korb ziehen als auch aus der Distanz treffen. Diese offensive Vielseitigkeit wird ergänzt durch ein starkes Abwehrverhalten - kein Team erlaubt den Gegnern weniger Punkte pro Spiel als die Hawks.

Als es gegen die Brooklyn Nets zunächst aber gar nicht gut läuft, wird die nächste und vielleicht größte Stärke der Hawks sichtbar: Die hervorragend besetzte Ersatzbank, angeführt vom jungen deutschen Aufbauspieler Dennis Schröder.

Beim Stand von 13:19 schickt Budenholzer den deutschen Nationalspieler gemeinsam mit dem Mazedonier Pero Antic und dem Schweizer Thabo Sefolosha aufs Feld und schon läuft es besser. Vor allem Dennis Schröder kurbelt das Angriffsspiel an, erzielt in weniger als drei Minuten sieben Punkte, darunter auch ein Dreipunktewurf zur 24:23-Führung. Es ist der Wendepunkt in diesem Spiel, jetzt kommt auch Scharfschütze Kyle Korver in Fahrt und die Hawks kontrollieren das Spiel von nun an – Schröder kommt am Ende auf 13 Punkte. „Wir haben einfach eine sehr gute Stimmung in der Mannschaft, die Jungs sind alle total sympathisch und auf dem Boden geblieben“, erklärt der Deutsche einen Teil des Erfolgsgeheimnisses der aktuell stärksten Mannschaft der NBA. Und gute Leistungen im Klub sind auch für die persönliche Entwicklung hilfreich. Gerade erst wurde Schröder für das Rising-Stars-Game im Rahmen des Allstar-Wochenendes der NBA nominiert.

Die Playoffs sind noch weit entfernt und die schwersten Aufgaben kommen noch, doch von den Finals zu träumen soll den Hawks gestattet sein. Anders als in der Western Conference, wo es wohl schon in der ersten Playoff-Runde zu knallharten Duellen zwischen Titelaspiranten kommen wird, wird Atlanta in der schwächeren Eastern Conference zunächst lösbare Aufgaben bekommen. Und wenn die Form hält, scheint auch die Meisterschaft möglich, die Spurs haben es mit sehr ähnlichem Basketball im vergangenen Jahr vorgemacht. Für die leidgeprüften Sport-Fans in der Stadt wäre der erste Titel in einer der vier großen Sportligen seit  20 Jahren.

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