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Jos Luhukay reagiert auf die Leistung seiner Spieler in Frankfurt.

© dpa

Sport: Blamage auf der Baustelle Nach dem 1:3 in Frankfurt tobt Herthas Trainer

Jos Luhukay und schimpft auf seine Spieler.

Jos Luhukay ist jetzt 49, aber für sein Alter ist er noch erstaunlich flink auf den Beinen. Es dauerte nur einen Moment, bis er begriff, dass da gerade etwas vollkommen falsch zu laufen begann. Im Spurt stürmte der Trainer aus dem abfahrbereiten Mannschaftsbus hinter Nico Schulz und John-Anthony Brooks her. Die beiden waren gerade im Begriff, sich in Zivilklamotten abzusetzen. „Wo wollt ihr hin?“, brüllte Luhukay. „Zum DFB“, murmelte Schulz. Statt mit Hertha BSC nach Berlin zurückzufliegen, wollten sie gleich zum Deutschen Fußball-Bund aufbrechen, für den sie in dieser Woche in der U-21-Nationalmannschaft spielen sollen. „Das könnt ihr vergessen!“, rief der Holländer. „Zurück in den Bus!“

Luhukay galt der großen Öffentlichkeit bisher als der nette Zeitgenosse mit dem niedlichen holländischen Akzent. Gestern Nachmittag aber hat er ein paar grundlegende Imagekorrekturen vorgenommen. Eine blamable 1:3 (1:0)-Niederlage seiner Mannschaft beim FSV Frankfurt reichte ihm, um – zumindest im Umgang mit seinen Spielern – das Ende der Freundlichkeit auszurufen. Mit nur einem Punkt aus zwei Spielen liegt Hertha BSC, der Absteiger aus der Fußball-Bundesliga, in der Zweiten Liga weit hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Doch Luhukay ist nicht gewillt, das einfach so hinzunehmen. Das hat er nach dem Spiel auf beeindruckende Weise zu verstehen gegeben.

Der Holländer fing nach dem Spiel an, auf seine Spieler zu schimpfen, sprach von Arbeitsverweigerung und einem Armutszeugnis. „Ich bin mehr als tief enttäuscht von der Mannschaft“, sagte Herthas Trainer. „Es gab nie ein Miteinander. Das ist katastrophal.“ Je länger Luhukay sprach, desto mehr redete er sich in Rage. Seine Stimme drohte zu kippen, es schien fast, als schrie er, stellvertretend für seine Spieler, die Journalisten an. In Herthas Kabine war es nach Ohrenzeugenberichten kaum weniger emotional zugegangen. „Das ist eigentlich überhaupt nicht meine Art“, sagte Luhukay. Zum ersten Mal in 20 Jahren als Trainer habe er eine Mannschaft derart zusammengestaucht.

Man konnte daraus schließen, wie sehr sich der Holländer von der Niederlage und der Art ihres Zustandekommens getroffen fühlte. Gegen die biederen Frankfurter hatte er mit Ronny, Adrian Ramos und Änis Ben-Hatira zumindest in der Theorie die größtmögliche spielerische Qualität aufs Feld geschickt. In der Praxis war davon nicht viel zu sehen. Die Darbietung erinnerte an einen trägen Sommerkick. Dass die Berliner mit 1:0 in die Pause gingen, lag vor allem an einem Fehler des Frankfurters Yannick Stark, der den Ball am eigenen Strafraum an Marcel Ndjeng verlor. Nach dessen Vorarbeit traf Sami Allagui nur den Pfosten, den Abstauber verwertete Ben-Hatira zum 1:0.

Diesen Vorteil aber verspielten die Berliner gleich nach Wiederanpfiff. Nach einer zu kurz geratenen Rückgabe von Brooks auf Sascha Burchert umspielte Edmond Kapllani Herthas Torwart. Der brachte den Frankfurter Stürmer zu Fall, es gab Elfmeter und Rot für Burchert, der im Berliner Tor wieder einmal das Unglück anzuziehen schien. Björn Schlicke verwandelte gegen Ersatztorhüter Philip Sprint zum 1:1. Danach hatten die Berliner zwei vielversprechende Konterchancen, spielten sie aber nicht konzentriert genug zu Ende. Vor dem 2:1 durch Mathew Leckie ließen sie sich nach einem eigenen Freistoß auskontern; in der Nachspielzeit konnte John Verhoek, unbedrängt von seinem Gegenspieler Roman Hubnik, zum 3:1 einköpfen.

Luhukay ertrug all das, wenn überhaupt, nur mit sehr viel Sarkasmus. „Wenn wir Persönlichkeiten haben, dann habe ich sie nicht gesehen“, ätzte er. „Zu viele bei uns meinen, dass sie einen großen Namen haben.“ Ab heute steht ihm ein anderes Ventil für seine Wut zur Verfügung. Seinen Spieler kündigte er für die neue Woche jede Menge Mehrarbeit an: Trainieren bis zum Umfallen würden sie, damit sich ein Auftritt wie am Sonntag nicht wiederholt. „Ich hoffe, dass ich dass nicht noch einmal erlebe“, sagte Luhukay. „Das wäre sehr schlecht für mein Herz.“

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