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Sport: Blatter bringt sich in Stellung

Der Fifa-Präsident will 2007 für weitere vier Jahre gewählt werden

Es sollte ein Abschied sein, aber Joseph S. Blatter findet so leicht kein Ende. Zum letzten Mal lud der Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa am Freitag in das alte Hauptquartier am Züricher Sonnenberg ein, um seine Lieblingsbotschaft vom friedlichen, sozialen Fußballspiel in einer immer böseren, egoistischeren Welt zu verkünden. Doch nach zwei Stunden blieb eine ganz andere Botschaft zurück: Blatter, der sich 1998 mit vordemokratischen Methoden den Fifa-Thron erkämpft hatte, macht immer weiter. „Ich stehe für eine weitere Amtszeit von 2007 an zur Verfügung“, kündigte er überraschend deutlich an. Schon einmal hatte Blatter die Möglichkeit einer weiteren Wiederwahl angedeutet, diesmal aber ließ er kaum noch Zweifel zu: „Ich sage schon mal: Ich bin da.“ Für mögliche, bislang im Fifa-Reich kaum sichtbare Gegenkandidaten dürfte das wie eine Drohung klingen. Die nächste Amtszeit endet 2011, der Walliser wäre dann 75 Jahre alt.

Die Fifa ist umgezogen. Auf dem Zürichberg hat sie ein modernes massives Domizil errichtet, das mancher Weltfirma gut zu Gesicht stünde. 240 Millionen Franken investierte der Verband in einen Prachtbau, den die kritische Öffentlichkeit drei Wochen vor der WM wohl nicht zu Gesicht bekommen soll. Schließlich muss sich die Fifa derzeit vieler Diskussionen gleichzeitig erwehren, vor allem im Gastgeberland Deutschland. In der öffentlichen Wahrnehmung gilt der Verband, der mit der WM mindestens 160 Millionen Euro verdient, als habgierig, regulierungswütig und nur auf das Wohl der von ihm begünstigten Sponsoren und VIP-Gäste aus. „Pfiffe sind auch eine Art von Applaus“, tröstet sich Blatter vorsorglich, nachdem er wegen eines befürchteten Pfeifkonzerts beim Eröffnungsspiel am 9. Juni in München auf Eröffnungsworte verzichtet hat. Franz Beckenbauer, dem deutschen Organisationschef, gestand er allerdings auch keine Redezeit in dessen Heimatstadt zu.

Die Dissonanzen zwischen den Organisatoren in Zürich und Frankfurt am Main, die sich gerade im Streit um den Ticketverkauf entladen, kommentiert Blatter inzwischen lakonisch. „Wenn der Franz etwas sagt, ist das das Evangelium. Wenn ich etwas sage, werde ich wie ein Apostel angeschaut.“ In solchen Momenten kann Blatter, der in Entwicklungsländern noch wie ein Staatsgast behandelt wird, kaum verhehlen, dass der Fifa ihr Selbstbild in Europa ein wenig entglitten ist.

Freilich hat die Fifa auch dazu beigetragen, dass sie in Deutschland auf Vorbehalte stößt. Neben der Steuer- und Visabefreiung, die für die Ausrichtung einer WM von der Fifa vorausgesetzt wird, ist der Verband vor allem durch seinen rigiden Markenschutz bekannt geworden. Erst der Bundesgerichtshof stoppte den Schutz der Marke „WM 2006“ als allein für die Fifa-Sponsoren reservierten Begriff. Die Stadien wurden nach einem internen Pflichtenheft der Fifa umgebaut. In dem Dokument sind sogar die Höhe der Rückenlehnen und die pflanzliche Zusammensetzung des Rasens geregelt. Immerhin hier scheint bei der Fifa ein Umdenken im Hinblick auf die WM 2010 in Südafrika einzusetzen. „Es wird sicher Veränderungen beim Pflichtenheft geben“, sagte Blatter. Für die deutsche WM, die offiziell eine Fifa-WM zu sein hat, kommt diese Einsicht jedoch zu spät. „Wir löschen jetzt nur noch die Brandherde“, stellt Kommunikationsdirektor Markus Siegler fest. Erst in dieser Woche gab die Fifa mehr als 40 000 von ihren Sponsoren und ihrer VIP-Vermarktungsagentur ISE reservierte, aber nicht genutzte Tickets an die deutschen Organisatoren zurück. Diese wandern nun in den Fanverkauf. „Es ist müßig zu fragen, ob ISE sich überschätzt hat oder ob es in dieser Zeit allgemein eine geringere Nachfrage nach VIP-Tickets gibt“, sagt Blatter. „Es muss eine hundertprozentige Auslastung der Stadien geben.“ Immerhin in diesem Punkt ist er sich mit den deutschen WM-Planern einig.

Es ist ein bizarres Bild: Joseph Blatter ist der unumschränkte Herrscher des Weltfußballs, der Gunst vergeben und entziehen kann. Gleichzeitig registriert er genau, dass Selbstbeschränkung ein wichtiges Thema für die Fifa werden könnte. Dem Verband, der mit 207 Länden mehr Mitglieder als die Uno hat, wird in Deutschland inzwischen so ziemlich alles zugetraut. So erregten sich Teile der Öffentlichkeit, dass Blatter sich in den WM-Stadien auf Höhe der Mittellinie Extrasitze habe einbauen lassen. „Ich verspreche diesen Thron demjenigen Journalisten, der die Geschichte erfunden hat“, sagte Blatter am Freitag und gönnte sich ausnahmsweise ein Lachen.

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