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Sport: Blick in den Abgrund

Dortmunds Trainer Matthias Sammer bereitet Fans und Medien nach der Pokalniederlage auf eine düstere Zukunft vor

Mönchengladbach . Holger Fach war enttäuscht. Gerade hatte er mit Borussia Mönchengladbach endlich seinen ersten Sieg geschafft – und zwar immerhin gegen Borussia Dortmund –, aber von ihm, dem Trainer des Siegers, wollte keiner etwas wissen. „Bei mir geht das immer ein bisschen schneller“, sagte Fach und bettelte regelrecht um Interesse. Doch Trost spendete am Mittwochabend allein Matthias Sammer. Zu wenig Fragen für Fach? „Nicht mehr lange“, sagte der Kollege aus Dortmund.

Sammer weiß, wovon er spricht. Denn im Moment hängen seine Dortmunder wieder mal durch. Sie sind durch das 1:2 auf dem Bökelberg erneut früh aus dem DFB-Pokal ausgeschieden – und deshalb wollen nun alle ganz viel wissen vom Dortmunder Trainer. Zum Beispiel: Was war da los? Und: Wo soll das alles noch enden?

Fragen, die Sammer mit durchdringendem Blick zur Kenntnis nimmt. Dann legt er los. Hat er denn nicht die ganze Zeit vor einer Blamage gewarnt? Hat er denn nicht schon nach dem 0:3 drei Tage zuvor in der Bundesliga gegen den VfL Bochum auf die Schwächen seiner Mannschaft hingewiesen? „Irgendwann kommt das böse Erwachen, ich sage es Ihnen schon mal vorsorglich“, verkündete der 36-Jährige.

Soll sich bloß keiner über einen tiefen Sturz wundern, wenn Borussia Dortmund so weitermacht. Und bei Warnungen kennt der Coach der Dortmunder kein Tabu. „Wir müssen höllisch aufpassen, dass es hier hinterher nicht zur großen Angst kommt.“ Vielleicht droht ja sogar der Abstieg. Sammer jedenfalls sagt: Vereine hätten schon mit weniger Verletzten als den aktuell zwölf bei Borussia Dortmund um den Klassenerhalt gebangt. Er meinte Bayer Leverkusen in der vergangenen Saison.

In Gladbach standen bei Abpfiff drei junge Amateure für Dortmund auf dem Platz. Aber da standen auch Wörns, Reuter, Ricken, Ewerthon und Kehl. Wahr ist aber auch: Der nächste Verletzte ist schon registriert. Dede fällt wegen einer Sprunggelenksverletzung zwei bis drei Monate aus. Dabei hatte sich unter seiner Führung zuletzt eine Schar ehrgeiziger Reservisten zusammengefunden. Sammer schwärmte von deren tollem Kampfgeist, aber dieser erfreuliche Spuk ist mittlerweile beendet: Die Ersatzleute spielen vor allem auswärts inzwischen so lasch wie Amoroso und Co. ihnen das einst vorgemacht hatten. „Es hat nicht nur an uns gelegen, dass wir gewonnen haben“, sagte Gladbachs Torjäger Arie van Lent.

Dortmunds nächste Gegner heißen Hamburg, Sochaux im Uefa-Cup, Bayern München, Leverkusen und wieder Sochaux. Sammer atmet durch und sagt: „Ich weiß nicht, ob ich klug bin. Aber ich nehme meine Spieler trotzdem in Schutz.“ Verteidiger Christian Wörns dagegen hatte keine Lust auf weiche Töne. „Das Mindeste ist, dass man über die Schmerzgrenze geht.“

Wenn keine Wende eintritt, passen die Dortmunder, für die nach dem gescheiterten Sprung in die Champions League nun auch keine Euro mehr aus dem DFB-Pokal-Wettbewerb ausgezahlt werden, und ihre Ansprüche bald überhaupt nicht mehr zusammen. „Wir sind in einer absolut kritischen Phase“, sagt Wörns. „Und unsere personelle Situation verschärft sich eher noch.“ Christoph Metzelder ist gerade zum zweiten Mal an der Achillessehne operiert worden. Spielmacher Rosicky war einem Comeback nahe – doch dann stellte sich heraus, dass seine Rückenmuskulatur noch nicht stark genug ist.

Und natürlich ist da noch Sebastian Kehl. Der ist zwar nicht verletzt, darf aber in der Bundesliga trotzdem nicht spielen. Der Nationalspieler ist nach seiner Roten Karte gegen Bochum für fünf Pflichtspiele gesperrt. Eigentlich wollte der Verein gegen diese Strafe Einspruch erheben, aber er ließ es dann doch sein. Es gibt ein paar Beobachter, die glauben, dass der Klub die Einspruchsfrist verpasste. Das klingt zwar absurd. Aber Borussia Dortmund traut man derzeit offenbar alles zu.

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