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Sport: Bobic, und zwar sofort

Rudi Völler nominiert den Hannoveraner Stürmer doch noch für das Holland-Spiel

Castrop-Rauxel. Es ist nicht bekannt, was Ralf Rangnick gestern Morgen gedacht hat, als er auf einmal und völlig unerwartet Rudi Völler am Telefon hatte. Vermutlich war er ein bisschen erstaunt, vor allem, als der Teamchef der deutschen Fußball-Nationalmannschaft dem Trainer von Hannover 96 erst einmal gratuliert hat „zu seinen tollen Leistungen". Jedenfalls entwickelte sich laut Völler „ein angenehmes Gespräch“, und nach dem taktischen Vorgeplänkel konnte der Teamchef dann recht gefahrlos zum eigentlichen Thema vorstoßen. Er wolle Fredi Bobic, teilte Völler Rangnick mit. Und zwar sofort.

Der 31 Jahre alte Stürmer von Hannover 96 ist gestern doch noch für das Länderspiel gegen Holland (20 Uhr/live im ZDF) nominiert worden. Völler hat damit kurzfristig auf die sich kontinuierlich verschlechternde Personalsituation in seinem Kader reagiert. Schon am Wochenende hatten Christian Ziege und Dietmar Hamann ihre Reise ins Ruhrgebiet abgesagt, am Dienstag meldete sich Carsten Ramelow mit Fieber und Durchfall ab, und auch Carsten Jancker wird heute in der Arena Auf Schalke wegen einer Rippenprellung nicht spielen können. Neben Bobic hat Völler daher auch noch den Leverkusener Hanno Balitsch von der U 21 aus Aachen nach Castrop-Rauxel zur A-Nationalmannschaft anreisen lassen.

Die Entscheidung für Bobic, der schon zwischen 1995 und ’98 19 Länderspiele bestritten hat, 1996 Europameister war und zwei Tore geschossen hat, kam überraschend. Auch für Bobic selbst. „Als ich davon erfuhr, habe ich erst einmal den Kopf eingeschaltet und überlegt, was ich jetzt alles an anderen Terminen absagen muss“, sagte der Stürmer. Völler hatte vorher nur erwähnt, dass Bobic im nächsten Jahr eine Chance bekommen könne. Nur kurz sprach er gestern am Telefon mit Bobic. Die Zeit drängte, weil der Stürmer bereits am Abschlusstraining in der Arena teilnehmen sollte.

Bobic, der für den Aufsteiger Hannover 96 in neun Bundesligaspielen acht Tore geschossen hat, war von den Medien heftig promotet worden. Völler reagiert auf derartige Forderungen in der Regel gelassen, auch gestern bestätigte er noch einmal, er habe sich in seinen Personalentscheidungen „nicht so sehr davon beeinflussen lassen, ob jemand mal ein Tor oder zwei schießt". Nach Janckers Absage blieb ihm aber fast keine andere Wahl, als Bobic noch einzuladen. Vermutlich wird er heute sogar in der Anfangself stehen. Bobic bereitete sich schon mal mental auf Kommendes vor, indem er sich, wie er sagte, „einfach mal die Atmosphäre bei der Nationalmannschaft ins Gedächtnis zurückgerufen“ hat.

Dass Völler solch große Probleme hat, „ist natürlich ein bisschen bitter, vor allem in einem Spiel gegen Holland". Der Teamchef muss unter anderem auf „eine komplette Defensivabteilung“ verzichten, auf Metzelder, Wörns, Ramelow und Nowotny. Immerhin sieht es so aus, als ob alle anderen angeschlagenen Spieler mitwirken könnten, auch Miroslav Klose (Fußprellung) und vor allem Michael Ballack. Dessen Vereinstrainer Ottmar Hitzfeld war von der Münchner „Abendzeitung“ mit der Aussage zitiert worden, es passe ihm überhaupt nicht, dass Ballack jetzt zur Nationalmannschaft müsse, anstatt seine Verletzung auszukurieren. Völler glaubt nicht, dass Hitzfeld das so gesagt hat, „dann hätte er mich normalerweise auch angerufen". Außerdem sei der Arzt der Nationalmannschaft zufällig derselbe wie der des FC Bayern, und der würde schon einschreiten, wenn für Ballack eine echte Gefahr bestünde.

Doch auch mit Ballack wird Völler gegen die Holländer „ein bisschen experimentieren“ müssen. Trotzdem will der Teamchef gegen die spielstarken Holländer nicht denselben Fehler machen wie zuletzt die Österreicher, die „vor Ehrfurcht erstarrt sind“ und am Ende 0:3 verloren. „Wenn du Angst hast, abgeschossen zu werden“, sagte Völler, „dann wirst du auch abgeschossen.“

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