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Sport: Bonus fürs Reden

Staatsanwaltschaft fordert Bewährung für Hoyzer, Marks und Ante S. sollen ins Gefängnis

Berlin - So ein Tag im Landgericht kann ganz schön lang sein. Die Vorsitzende Richterin Gerti Kramer vertreibt sich die Zeit auf ihre Weise. Manchmal schreibt sie ein paar Worte auf einen Zettel, schiebt ihn zum Beisitzer, und dann huscht ein Lächeln über beider Gesichter. Es geht lustig zu im Prozess um manipulierte Fußballspiele. Auf der Tagesordnung des neunten Verhandlungstages stehen die Plädoyers aller Prozessparteien, und schon beim Vortrag von Hans-Jürgen Fätkinhäuer fragt man sich, ob da nicht die Verteidigung des bestechlichen Schiedsrichters Robert Hoyzer spricht. Nein, es ist der Vertreter der Anklage.

In den höchsten Tönen lobt Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Fätkinhäuer die Glaubwürdigkeit Hoyzers, sein umfangreiches und freiwilliges Geständnis, das bei der Strafbemessung über allen anderen Faktoren zu stehen habe. Zu beanstanden sei eigentlich nur der Drang des Angeklagten in die Öffentlichkeit. Auch der mutmaßliche Wettmanipulator Ante S. kommt gut weg, ein „dreistes Bubenstück“ seien seine Manipulationen gewesen. Fätkinhauer und sein Kollege Thorsten Cloidt signalisieren denn auch denkbar früh, für beide Angeklagten komme nur „eine sehr moderate Strafe“ in Frage.

Für Ante S. fordert die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten, für Hoyzer sollen es zwei Jahre sein, und Cloidt betont ausdrücklich, dass diese Strafe gegen den ehemaligen Schiedsrichter zur Bewährung auszusetzen sei. Bei Antes Brüdern Milan und Filip plädiert er auf Bewährungsstrafen von einem Jahr und zwei Monaten beziehungsweise einem Jahr. Den eigentlichen Schurken hat die Staatsanwaltschaft in Hoyzers Ex-Kollegen Dominik Marks ausgemacht. Mit schneidender Stimme fordert Cloidt eine zweijährige Gefängnisstrafe, Bewährung komme wegen der ungünstigen Sozialprognose, Wiederholungsgefahr und Zweifeln an seiner Aufrichtigkeit nicht in Frage.

Für einen Augenblick wird es still im Saal 500 des Kriminalgerichts Moabit. Marks ist verheiratet und hat einen zwei Jahre alten Sohn. Seinen Job als Wirtschaftsprüfungsassistent wird er im Falle einer Verurteilung wohl verlieren, als Schiedsrichter wird er nie wieder amtieren. Wie also erklärt sich die ungünstige Sozialprognose, wie die Wiederholungsgefahr? Marks hat vor Gericht lange geschwiegen und erst am vergangenen Donnerstag in seiner Einlassung vor Gericht die Annahme von Bestechungsgeld zugegeben. Manipulation aber bestreitet er, und das will ihm die Staatsanwaltschaft nicht glauben. Nicolas Becker, der Verteidiger von Ante S., sagt später: „Natürlich wird Herr Marks nicht im Gefängnis landen, der soll nur abgestraft werden für seine blöde Einlassung.“ Kann das der Sinn eines staatsanwaltschaftlichen Plädoyers sein? Schon die einmonatige Untersuchungshaft gegen Marks im Frühjahr war höchst umstritten, kritische Juristen sprachen von Beugehaft.

Dominik Marks erträgt den Vortrag mit Fassung, scheinbar gleichgültig knetet er mit Daumen und Zeigefinger seine Unterlippe. Seine Verteidigerin Astrid Koch hält später das kürzeste Plädoyer aller Parteien. Sie beharrt in ihrer zehnminütigen Rede darauf, Marks habe nur insofern unredlich gehandelt, als dass er das Geld von Ante S. genommen habe, ohne die dafür vereinbarte Gegenleistung zu erbringen. Ihr Mandant verzichtet gar auf ein Schlusswort: „Ich möchte mich nicht äußern.“

Robert Hoyzer und Ante S. dagegen nutzen die Gelegenheit, sich ausführlich zu entschuldigen, bei Familie, Freunden, Vereinen, dem deutschen Fußball. Die Verteidigung von Ante S. argumentiert eine Stunde lang, ihr Mandant habe sich gar nicht straffällig gemacht. Der Wettanbieter Oddset habe erst im Juli einen Passus in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen, der Wettern die Manipulation von Spielen untersage. Hoyzers Anwalt Thomas Hermes redet ebenfalls eine Stunde lang. Sein Kernsatz: „Robert Hoyzer war erst ein von Ante angestifteter Gehilfe und später ein Gehilfe, der nicht mehr angestiftet werden musste.“ Ante S. sei der Pate, Hoyzer sein Patenkind gewesen. Sein Geständnis sei geprägt von Aufklärungsdrang, das von Ante S. sei allein taktischer Natur.

Die Verteidigung des Kroaten reagiert sofort. Sie will für den Fall, dass das Gericht die Glaubwürdigkeit Hoyzer höher einschätzt, per Hilfsbeweisantrag zusätzliche Zeugen laden. Diese sollen belegen, dass Hoyzer schon im Sommer 2004 seine besten Freunde Oliver und Marcus Kelm über die Manipulationen informiert habe. Es liege mithin der Verdacht nahe, die beiden Kelms hätten in Hoyzers Auftrag auf von ihm manipulierte Spiele gewettet.

Richterin Gerti Kramer schreibt weiter eifrig auf ihrem Zettel. Am Donnerstag will sie die Urteile verkünden.

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