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Untergepflügt. Rückkehrer Kagawa fehlt noch die Bindung zum BVB-Spiel.

© picture alliance / dpa

Borussia Dortmund: Immer diese Hektik

Borussia Dortmund will nach den Erfolgen in der Champions League endlich auch in der Bundesliga wieder gewinnen. Dazu müssen die Spieler vom BVB allerdings ihre überhastete Spielweise ablegen.

Sicherheitshalber bremst Jürgen Klopp schon einmal die Erwartungen. So wichtig ein Sieg gegen Hannover 96 für ihn und Borussia Dortmund auch ist, der BVB-Trainer will am heutigen Samstag nicht mit dem Kopf durch die Wand: „Ich kann nicht garantieren, dass alle, die um 15.31 Uhr noch nicht auf ihrem Platz sitzen, schon zwei Tore verpasst haben.“ Klopp will die Partie ruhig angehen lassen. Denn die Eindrücke der 1:2-Pleite am vergangenen Wochenende in Köln sind ihm eine Lehre.

Da zeigte der BVB eine erschreckend überhastete Spielweise. Mats Hummels im Aufbau aus der Abwehr oder Henrich Mchitarjan im zentralen Mittelfeld spielten zu schnell und zu unkonzentriert vertikal nach vorn und gaben dadurch zahlreiche Bälle ab. Die Dortmunder reagierten nach Rückständen zuletzt immer wieder sehr nervös. Gegen Köln war Klopps Team schon von Beginn an in dieser Drucksituation, obwohl auf der Anzeigetafel noch ein 0:0 stand. Der BVB wollte den vermasselten Saisonstart vergessen machen und wurde dadurch überhastet. Die hohe Fehlpassquote ermöglichte dem Gegner zahlreiche Umschaltaktionen, wobei die Dortmunder lange Wege nach hinten gehen mussten.

Diese Hektik im Aufbauspiel überraschte, da mit den wiedergenesenen Mchitarjan, Marco Reus und Ilkay Gündogan sowie Shinji Kagawa das individuell am stärksten besetzte Mittelfeld in Klopps Amtszeit auf dem Feld stand. Natürlich kann die Abstimmung nach der langen Verletztenmisere noch nicht passen, aber eine bessere Ballzirkulation muss mit diesen Akteuren das Ziel sein. Womöglich zeigte sich der BVB-Trainer danach auch deshalb so enttäuscht.

Die vielen Ausfälle in der Mittelfeldzentrale durchkreuzten in der ersten Saisonphase Klopps ursprünglichen Plan. Er wollte variabler in Systemfragen werden, setzte an den Gegner angepasst auf eine Mittelfeldraute, ein offensives 4-1-3-2 oder ein 4-1-4-1 und wechselte sogar während der Partien noch die Formationen. Doch mit zunehmender Anzahl an Verletzten ging er zurück zum altbewährten 4-2-3-1, auch um Rückkehrer Kagawa auf seiner bevorzugten Zehnerposition einsetzen zu können. Allerdings war eben gerade dieses ehemalige Standardsystem nicht perfekt eingespielt. Zum Teil war das Passspiel zu vertikal nach vorn ausgerichtet, Kagawa wurde als zentrale Figur nicht richtig eingebunden, die Sechser agierten zu kleinräumig und entfalteten keine Wirkung. Es mangelte an gut durchdachten Pressingfallen und der notwendigen Intensität, um den Ball auf den Flügeln zurückzuerobern, was eigentlich Spezialitäten des BVB sind. Hinzu kamen individuelle Abwehrfehler. Bei Rückständen wurde die Schwäche der Borussen deutlich, ein tief stehendes Team auseinanderzukombinieren.

Lediglich die Champions League machte zuletzt Hoffnung, wobei in diesem Wettbewerb die spielerisch ambitionierteren Gegner besser zur Dortmunder Pressingmaschine passen. Gegen Arsenal oder auch Galatasaray am vergangenen Mittwoch nutzte der BVB das starke Aufrücken des Gegners und kappte die Verbindungen der gegnerischen Mannschaftsteile. Es entstanden Freiräume, die Klopps Team benötigt und in der heimischen Liga selten bekommt. Denn die Bundesligisten stehen meist sehr kompakt und verschieben geschlossen.

Aktuell befindet sich der BVB in der Zeit des Übergangs. Der eigene Anspruch an ein dominanteres Auftreten erzeugt die taktikpsychologischen Probleme, so dass die Mannschaft teilweise zu nervös agiert. Klopp kann nun wieder auf variablere Aufstellungen zurückgreifen und mit dem zurückgekehrten Personal sowie qualitativ hochwertigen Spielern einige Abläufe neu einstudieren. Dann fallen vielleicht auch die Tore wieder schneller.
Der Autor schreibt für das Taktikportal www.spielverlagerung.de

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Constantin Eckner

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