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Das war's leider. Martin Stranzl hat keine Lust mehr, sich nach seinen Verletzungen immer wieder ranzukämpfen.

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Borussia Mönchengladbach: Kapitän hört im Sommer auf: Martin Stranzl: Wichtiger als Reus, Dante und ter Stegen

Abschied unter Tränen: Martin Stranzl beendet im Sommer mit knapp 36 Jahren seine Karriere. Zuletzt musste er sich immer wieder mit Verletzungen herumschlagen.

Auf den vorerst letzten bewegenden Moment seiner Karriere musste Martin Stranzl ziemlich lange warten. Nicht nur vier Monate in der Reha, sondern auch noch eine gefühlte Ewigkeit bis zum Vollzug. Stranzl stand an der Seitenlinie, der vierte Offizielle hatte schon die Anzeigetafel in der Hand, und im Publikum machte sich freudige Erwartung breit. Doch das Spiel lief immer weiter, kein Einwurf, kein Foul, kein Abstoß, Stranzl wartete und wartete und wartete. Fast zwei Minuten stand der Österreicher bereit, und als endlich der Ball über die Seitenlinie flog, gab es frenetischen Applaus von den Rängen.

Fünf Minuten durfte der 35-Jährige Anfang Februar beim 5:1-Sieg von Borussia Mönchengladbach gegen Werder Bremen noch mitspielen. Mindestens genauso wichtig wie das Ergebnis war für die Fans aber die Rückkehr des Kapitäns auf den Fußballplatz. Vier Monate war Stranzl wegen eines Jochbeinbruchs ausgefallen – nachdem er zuvor schon ein halbes Jahr gefehlt hatte. Und das Comeback gegen Bremen war dann auch schon wieder der vorerst letzte Einsatz für Stranzl, der momentan mit einem Muskelfaserriss pausieren muss.

Auch wegen dieser nicht enden wollenden Leidensgeschichte hat Martin Stranzl nun eine grundsätzliche Entscheidung getroffen: Im Sommer wird er seine Karriere als Profifußballer beenden – 17 Jahre nach seinem Bundesligadebüt für 1860 München. Einen letzten bewegenden Moment aber soll es für ihn noch geben. „Ich möchte noch mal auf dem Platz stehen. Dafür werde ich alles tun“, sagte der frühere österreichische Nationalspieler, der gerade mit leichten Laufübungen begonnen hat und in zwei Wochen ins Mannschaftstraining zurückkehren will.

Bei einer Pressekonferenz im Borussia-Park erklärte Stranzl am Dienstag seinen Abschied nach dem Ende der aktuellen Saison. „Es ist schon sehr, sehr schwer“, sagte er unter Tränen. Immer wieder versagte ihm die Stimme. Den richtigen Moment für eine solche Entscheidung gebe es eigentlich nicht, bekannte Stranzl. Aber er habe ja nur die Signale seines Körpers interpretieren müssen, und die ließen wohl keinen anderen Schluss mehr zu. „Es fällt auch ein Stück weit Ballast ab“, sagte er.

Für 1860 München, den VfB Stuttgart und Borussia Mönchengladbach hat Stranzl bisher 258 Spiele in der Fußball-Bundesliga bestritten - die meisten (116) für die Gladbacher, bei denen er in der Spätphase seiner Karriere sogar noch zu einer prägenden Figur der jüngeren Vereinsgeschichte wurde. Immerhin war er schon 30, als er im Januar 2011 für 800.000 Euro von Spartak Moskau zum damaligen Tabellenletzten an den Niederrhein wechselte. Stranzl trug erheblich dazu bei, dass die Mannschaft in jener Saison über die Relegation den kaum noch für möglich gehaltenen Klassenerhalt schaffte und in der Folge unter Trainer Lucien Favre in die Bundesligaspitze vorstieß. Vor einem Jahr qualifizierte sich der Klub sogar erstmals für die Champions League, auch dank der stabilen Defensive um Stranzl.

Abschied unter Tränen. Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt, sagte Stranzl am Dienstag bei der Verkündung seines Karriereendes.
Abschied unter Tränen. Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt, sagte Stranzl am Dienstag bei der Verkündung seines Karriereendes.

© dpa

Eigentlich hatte der Österreicher seine Karriere schon viel früher beenden und mit seiner Familie nach Österreich zurückkehren wollen. Doch immer wieder hat er sich von den Gladbachern überreden lassen, noch ein Jahr zu bleiben. Trotz der vielen Verletzungen bereut er auch die letzte Vertragsverlängerung im Nachhinein nicht. Mit der Qualifikation für die Champions League habe man etwas Außergewöhnliches erreicht, „ich wollte das einfach noch mitnehmen“. Ein Einsatz in der Champions League war ihm allerdings nicht vergönnt.

Obwohl Stranzl fußballerisch in dieser Saison keine große Rolle mehr gespielt hat, nur zweimal in der Liga zum Einsatz gekommen ist, sei sein Abschied „für uns als Mannschaft tragisch“, sagte Borussias Sportdirektor Max Eberl. „Ich schätze ihn über alle Maßen als Fußballer, noch mehr schätze ich ihn als Mensch.“ Man rede immer über Marco Reus, Dante oder Marc- André ter Stegen, „über diesen Jungs wird Martin stehen“, glaubt Eberl. „Martin ist kein normaler Profi. Er hat einen unfassbaren Charakter.“ Stranzl soll nach dem Ende seiner Karriere weiter für den Klub arbeiten, vorher aber, so Eberl, solle er „noch dem einen oder anderen in der Kabine in den Arsch treten, damit wir unsere Ziele erreichen“. Das wird sich vermutlich einrichten lassen.

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