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Sport: Borussia Mönchengladbach: Vorwärts in die Vergangenheit

Stephan Schippers hat eine besondere Beziehung zum Mönchengladbacher Fußballverein VfL Borussia. Seine Eltern wohnen auf der Bökelstraße, Schippers ist in Rufweite des Borussenstadions aufgewachsen, in den goldenen Jahren des Vereins.

Stephan Schippers hat eine besondere Beziehung zum Mönchengladbacher Fußballverein VfL Borussia. Seine Eltern wohnen auf der Bökelstraße, Schippers ist in Rufweite des Borussenstadions aufgewachsen, in den goldenen Jahren des Vereins. Wenn Heynckes, Vogts und Simonsen in den Siebzigern sonnabends in der Bundesliga um den Meistertitel spielten, konnte Schippers zu Hause den Jubel der Fans hören und danach den Stadionsprecher Rolf Göttel und dessen immergleiches "Tor für die Borussia". Wenn dies alles nicht so gewesen wäre, hätte Stephan Schippers heute vermutlich einen anderen Beruf.

Der 33-Jährige leitet die Geschäftsstelle des Zweitligisten Borussia Mönchengladbach. Davor war er Steuerberater. "Wir sind sehr idealistisch an die Sache herangegangen", sagt Schippers und meint damit die drei Mitglieder des Präsidiums, die ihr Amt ebenfalls in Borussias letzter Erstligasaison angetreten haben. Mit anderen Worten: Man musste schon an diesem Verein hängen, um sich auf ein solches Unterfangen einzulassen.

Als der neue Geschäftsstellenleiter im März 1999 sein neues Büro an der Bökelstraße bezog, lagen die Borussen in der Bundesliga abgeschlagen auf dem letzten Platz. "Der Verein war nicht gut dabei", sagt Schippers. Das ist eine reichlich beschönigende Umschreibung: Borussia Mönchengladbach war so gut wie am Ende. Denn zur sportlichen Misere kam ein finanzielles Desaster: 30 Millionen Mark Schulden.

Heute, nach zwei Jahren in der Zweiten Liga, kann der Verein wieder vergleichsweise frei atmen: Die Schulden sind auf fünf Millionen Mark reduziert. Nach Zeiten des grassierenden Größenwahns in der Ära Rüssmann ist Borussia Mönchengladbach für den Geschäftsstellenleiter wieder "ein ganz kleiner, braver, lieber Verein" geworden. So wie früher unter Manager Helmut Grashoff, der nie mehr Geld ausgab, als er eingenommen hatte. Danach aber gab es bei Borussia eine Periode, in der jede Neuverpflichtung garantierte Millionenbeträge verdienen konnte. Das ist vorbei. Heute bestehen die Gehälter zu zwei Dritteln aus Leistungsprämien. "Grashoff-Verträge" heißen diese Verträge intern.

Auch in Zukunft "wollen wir da weitermachen, wo wir angefangen haben", sagt Schippers. Doch genau das bereitet manchem Anhänger des Vereins zurzeit gewisse Sorgen. Denn wenn Borussia Mönchengladbach tatsächlich in die Bundesliga aufsteigt, muss die Mannschaft deutlich verstärkt werden. Dennoch wird Sportkoordinator Christian Hochstätter nicht mit den Millionen um sich schmeißen können. In dieser Frage gebe es mit der sportlichen Leitung "ganz gesunde Diskussionen", sagt Schippers.

Und doch wollen die Fans jetzt langsam wissen, wer im kommenden Jahr den Bundesligakader verstärkt. Borussia Mönchengladbach hat noch keinen einzigen neuen Spieler verpflichtet. Namen werden genannt: Adam Matysek von Bayer Leverkusen fürs Tor, Peer Kluge vom Zweitligaabsteiger Chemnitz und Vasile Miriuta von Energie Cottbus als Lenker fürs Mittelfeld. "Spekulation", sagt Hochstätter. "Selbst wenn der Aufstieg heute perfekt wäre, könnte ich morgen noch keine neuen Spieler präsentieren."

Immerhin: Der 1:0-Sieg am Ostersonntag gegen die Stuttgarter Kickers beschert Borussias sportlicher Führung mehr Planungssicherheit. Fünf Spieltage vor Schluss haben die Gladbacher sieben Punkte Vorsprung auf Tabellenplatz vier. Nach Hans Meyers Prozentrechnung liegt die Aufstiegswahrscheinlichkeit inzwischen bei 84,97 Prozent. Allerdings sagt Borussias Trainer auch, dass es "bis zum Schluss ein ganz spannendes Rennen" bleiben werde. So wie das Spiel gegen die Stuttgarter, die sich beinahe ein torloses Unentschieden ermauert hätten. Doch in letzter Minute wertete Schiedsrichter Florian Meyer einen Rempler im Strafraum als elfmeterwürdiges Foul. Igor Demo lief an, Meyer stoppte ihn, weil er die Ausführung noch nicht freigegeben hatte. Demo versuchte sich ein zweites Mal, schoss in die linke Ecke und traf. Doch der Schiedsrichter ließ wiederholen, weil ein Gladbacher zu früh den Strafraum betreten hatte. Demo lief ein drittes Mal an, schoss in die andere Ecke, Bernd Klaus hielt, Demo bekam den Ball wieder vor die Füße und erzielte den Siegtreffer. "Wenn wir in Duisburg und gegen Bielefeld gewinnen, haben wir den Aufstieg vielleicht schon geschafft", sagte der Torschütze. Das wäre im Sinne seines Trainers. "Ich möchte hoffen, dass wir die Sache vor dem letzten Spiel geklärt haben", sagt Hans Meyer. Am 34. Spieltag gastiert der abgeschlagene Absteiger Chemnitz auf dem Bökelberg. Da rechnet natürlich jeder mit einem Sieg. Nur Hans Meyer nicht: "Solche Situationen hasse ich wie die Pest."

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