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Boxen: Vitali Klitschko beendet Karriere

Bei einer Operation in den USA hat sich die Knieverletzung des Schwergewichtsbox-Weltmeisters als Kreuzbandriss herausgestellt. Der 34-jährige Ukrainer beschloss daraufhin seinen Rücktritt.

Los Angeles/Hamburg - Weltmeister Vitali Klitschko hat auf seinen geschundenen Körper gehört und die Box-Handschuhe für immer an den Nagel gehängt. Nachdem sich die im Training erlittene Knieverletzung, die ihn zur Absage des am Samstag in Las Vegas geplanten WM-Kampfes gegen Hasim Rahman (USA) gezwungen hatte, als Kreuzbandriss und Innenmeniskusschaden und damit wesentlich schwerer als zunächst befürchtet herausgestellt hatte, zog der 34 Jahre Ukrainer überraschend schnell den Schlussstrich unter seine eindrucksvolle Karriere.

«In letzter Zeit habe ich mich leider mehr mit meinen Verletzungen als mit meinen Kontrahenten im Ring auseinander setzen müssen. Die Entscheidung, mit dem Leistungssport aufzuhören, ist mir sehr schwer gefallen. Aber ich möchte meine Karriere auf dem Gipfel beenden und mit meinem Rücktritt nun den Weg freimachen für meine Nachfolger», teilte der 2,02 Meter große Champion vom Krankenbett aus mit.

Als Klitschko am Dienstag um 7.00 Uhr (Ortszeit) im kalifornischen Inglewood von Neal Elattrache, dem Direktor der Sportmedizinischen Abteilung der Kerlan-Jobe-Klinik, in die Narkose versetzt wurde, ging er noch von einem leichteren Malheur aus, das sich relativ schnell beheben lassen werde. Tags zuvor hatte ihm Jose Sulaiman, Präsident des Boxverbandes World Boxing Council (WBC), eine Gnadenfrist von 90 Tagen eingeräumt. Binnen dieser Zeit hätte Klitschko wieder fit sein müssen, um den Schwergewichtstitel gegen Rahman zu verteidigen. Doch als der als «Doktor Eisenfaust» bekannte Weltmeister aus der Narkose erwachte, wurde er mit der bitteren Wahrheit konfrontiert. Nach kurzer Beratung mit Familie, Trainer und Vertrauten fällte er die von ihm kurz zuvor noch für unmöglich gehaltene Entscheidung. «Er war sehr niedergeschlagen», sagte sein persönlicher Berater Bernd Bönte.

«Herr Dr. Klitschko muss etwa sechs Monate vom Leistungssport pausieren. Mit dieser schweren Verletzung hätte Herr Klitschko unmöglich boxen können, das Knie war absolut instabil», sagte Operateur Elattrache. Nach einer Zwangspause von einem halben Jahr wäre nicht nur der WM-Titel weg gewesen, Klitschko hätte sich sogar erst um einen WM-Ausscheidungskampf bewerben müssen.

Sein in 20 Jahren Leistungssport arg strapazierter Körper wehrte sich immer häufiger gegen die gewaltigen Belastungen: Operation an Schulter (April 2000), Kreuzband im linken Knie (Juli 2001) und Bandscheibe (Juli 2002) sowie Muskelfaserriss und Rückenoperation (April/Juli 2005). Zu den den Tiefpunkten zählt auch der nachgewiesene Anabolika-Missbrauch, der dem Sohn einer Lehrerin und eines Luftwaffen-Oberst den Weg zu den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta versperrte. Für ihn sprang Bruder Wladimir ein und holte den Titel. Nun soll der jüngere Klitschko-Bruder auch als Profi in die Bresche springen und für die eigene Vermarktungsgesellschaft Millionen verdienen. Vom früheren Promoter Klaus-Peter Kohl hatte man sich in einem gerichtlichen Streit getrennt.

Der ehemalige WBO- und scheidende WBC-Weltmeister, der seine Profi-Karriere 1996 im Hamburger Universum-Stall begann und von 37 Kämpfen 35 gewann - davon 34 durch K.o., geht als großer Sympathieträger, aber nicht als herausragender Faustkämpfer in die Box-Geschichte ein. Als ehemaliger Kick-Boxer - auch in diesem Metier brachte er es zum WM-Titel - war der ältere der Klitschko-Brüder ein kantiger, eher hüftsteifer Boxer, der aber über eine gewaltige Schlagkraft sowie enorme Willens- und Nervenstärke verfügte. Mit diesen Fähigkeiten hatte er seinem technisch überlegenen und zeitweise als «komplettesten Boxer der Welt» gepriesenen Bruder Wladimir einiges voraus. Ihr größter Traum war, gleichzeitig Weltmeister zu sein. Dieser ist nun unwiderruflich geplatzt.

Unvergessen ist der große Kampf, den Klitschko im Juni 2003 dem bis dahin übermächtigen britischen Weltmeister Lennox Lewis lieferte. Doch ein Riss an Klitschkos Augenbraue stoppte das Duell in der sechsten Runde. Als Volksheld in seiner Heimat ist der promovierte Sportwissenschaftler nun auf dem Sprung, einen Posten im politischen Leben der Ukraine zu übernehmen.

«In Zukunft möchte ich mich in meiner Heimat, der Ukraine, verstärkt sozialen und gesellschaftspolitischen Herausforderungen stellen», erklärte Klitschko. Bönte bestätigte: «In der orangenen Revolution haben er und sein Bruder eine tragende Rolle gespielt. Eine politische Laufbahn ist möglich.» (Von Franko Koitzsch und Christian Kunz, dpa)

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