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Ayrton Senna, der im Jahre 1994 gestorben ist

© dpa/picturealliance

Buch über Ayrton Senna: Ausweidung des Limits

Tom Rubythons bereits 2005 erschienene Biografie des Formel-1-Legenden Ayrton Senna ist ins Deutsche übersetzt worden. Ein Meisterwerk ist es nicht, liefert zumindest alle Teile des Senna-Puzzles.

Von Christian Hönicke

Fast zwanzig Jahre nach seinem Tod fasziniert Ayrton Senna noch immer. Der Brasilianer war eine Art James Dean der Formel 1, der nach seinem Tod endgültig zum Mythos wurde. Ein emotionaler, sensibler Mensch, ein begnadeter Lenkradartist und ein kalter Perfektionist, der im Auto auch vor vorsätzlichen Unfällen nicht zurückschreckte – das ist eine Mischung, die die Menschen noch immer in ihren Bann zieht.

Kurz, der charismatische wie streitbare Senna bleibt unvergessen, und der Kult um seine Person erlebt seit dem gefeierten Retro-Dokumentarfilm von Asif Kapadia Ende 2011 ein kleines Comeback. Auch der Verlag Delius Klasing fand offenbar, dass die Zeit (oder der Markt) reif für ein neues Senna-Werk sei. Da es auch in Ermangelung neuer Entwicklungen um das 1994 bei einem Unfall getötete Rennfahrer-Idol nicht wirklich neues Material gibt, entschloss man sich, Tom Rubythons bereits 2005 erschienenes Buch „The Life of Senna“ ins Deutsche zu übersetzen. Fertig ist: „Senna – Ein Leben am Limit“.

Rubythons Ansatz war schon im Original unter Fans nicht unumstritten, daran ändert sich natürlich auch in der deutschen Sprache nichts. Sein Geschäftsmodell, das er unter anderem auch bei einer James-Hunt-Biografie eingesetzt hat, ist die konsequente Ausweidung. Er bedient sich großzügig an mehreren Dutzend Büchern, unter anderem auch an jenem der Tagesspiegel-Autorin und Senna-Kennerin Karin Sturm. Aus dem üppigen Angebot an Senna-Büchern hat er eine Art Kompendium geformt, das sich auch wegen der meist nüchternen Sprache wie das Protokoll eines Rennfahrerlebens liest. Dass am Ende noch einmal alle Rennergebnisse des dreimaligen Weltmeisters aufgelistet werden, verstärkt den Eindruck, dass hier ein Standardwerk geschaffen werden sollte.

In dieser Ausführlichkeit – immerhin hat das Buch mehr als 600 Seiten – ist die Auseinandersetzung mit dem Mythos Senna tatsächlich selten. Manchmal glaubt man, einen nie enden wollenden Wikipedia-Eintrag vor sich zu haben. Allerdings ist das zumindest für den interessierten Laien etwas ermüdend. Rubython verliert sich dazu bisweilen in Details.

Aber auch Senna-Fans spricht „Ein Leben am Limit“ nur bedingt an. Im Grunde ist alles bekannt, wirklich neue Aspekte liefert der Chronistengeier Rubython weder im englischen Original noch in der jetzigen Übersetzung, wenn man mal von den Vorworten absieht. Dort schildern Sennas einstiger Pressechef Keith Sutton und sein langjähriger Teamkollege und Freund Gerhard Berger noch einmal ihre Sicht auf die Lichtgestalt und geben die eine oder andere Anekdote zum Besten. Auch neue Deutungen hat Rubython dem Vermächtnis Sennas kaum hinzuzufügen. Seine These, Senna hätte noch mehr als drei Titel gewonnen und Michael Schumachers Karriere wäre anders verlaufen, wenn das tragische Wochenende von Imola nicht gewesen wäre, ist im Formel-1-Lager ohnehin der kleinste gemeinsame Nenner.

Die Stärke des Buchs liegt darin, dass es zumindest alle Teile des Puzzles Ayrton Senna liefert. Wer die schon kennt und die anderen Senna-Bücher gelesen hat, der braucht „Ein Leben am Limit“ nicht.

Tom Rubython: Ayrton Senna. Ein Leben am Limit. Verlag Delius Klasing, 608 Seiten, 29,90 Euro.

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