zum Hauptinhalt
Wohin des Wegs? Die Insassen des Bayern-Busses (von links: van Gaal, Rummenigge, Nerlinger) offenbarten zuletzt einige Orientierungsschwierigkeiten.

© dapd

Bundesliga: FC Bayern: Mia san wer?

Der FC Bayern München wollte ein Konzept, mit Louis van Gaal bekam er es. Doch am Ende siegte die Angst über die Strategie.

Für Mittwoch hat der FC Bayern ein öffentliches Training angesetzt. Das überrascht kaum, denn es hätte nicht zu den Ereignissen der vergangenen Tage gepasst, würde der Klub seinen Trainer ausgerechnet jetzt verschonen. Vor den Kameras und neugierigen Blicken, die sehen wollen, wie er sich schlägt: Louis van Gaal, 59, der jüngst demontierte Trainer des FC Bayern, dem sie die langfristige Arbeit mit der Mannschaft nicht mehr zutrauen, der diese schwierige Saison trotzdem irgendwie zu Ende führen soll.

Es ist in der Tat nicht leicht, eine durchdachte Strategie im Treiben bei Deutschlands aufgeregtestem Fußballklub zu erkennen. Die Bosse hatten gehofft, dass es irgendwie weiter geht; auf die Pleite in Hannover waren sie nicht vorbereitet. Erst stießen sie im Affekt Trennungsgelüste aus (Uli Hoeneß: „Handeln statt reden“), um zwei Tage später einzugestehen, dass sie keinen Nachfolger parat haben. Jetzt soll es van Gaal weiterhin richten, jedoch nur bis zum Saisonende. Bis eine neue Strategie erarbeitet wurde.

Im Sommer 2009, wenige Monate nach dem Rausschmiss von Jürgen Klinsmann, da erschien Louis van Gaal noch als logischste aller Lösungen. Die Klub-Oberen inklusive des damaligen Präsidenten Franz Beckenbauer sollten jene Trainernamen auf einen Zettel schreiben, die sie sich beim FC Bayern gut vorstellen können. Auf allen Papieren stand Louis van Gaal: ein Fußballlehrer, ein großer Fachmann, der gut mit jungen Spielern kann, eine offensive Ausrichtung bevorzugt und langfristig denkt. Sie bekamen van Gaal, die Strategie stand, das Projekt lief an: Der Niederländer integrierte sofort junge Spieler, den damals unbekannten Thomas Müller, dazu Holger Badstuber, beorderte Bastian Schweinsteiger erfolgreich auf die Sechser-Position. Das Champions-League-Finale ging zwar verloren, die Bayern wurden jedoch Meister und Pokalsieger, der junge Müller Torschützenkönig der WM. Und die Bayern wurden in Deutschland plötzlich beliebt. Die Ansprüche stiegen wieder – zu früh?

Im Grunde tat van Gaal das, was sich die Bosse immer gewünscht hatten: Er verzichtete auf überbordende Millioneneinkäufe, anders als die stolzen Spanier von Real Madrid, über die sie beim FC Bayern so gerne spotten. Van Gaals junge Vertrauensleute (Müller, Badstuber, Lahm, Schweinsteiger) stattete der Klub folgerichtig mit langfristigen Verträgen aus. Hier sollte etwas entstehen, wachsen, auf Jahre hinaus. Das selbstverständliche „Mia san mia“ sollte um eine junge, regionale Komponente erweitert werden. Der General schien dafür der richtige Mann.

Doch van Gaal verließ der Erfolg. Der Rückstand in der Bundesliga, das Aus im DFB-Pokal – monatelang versuchten die Klub-Bosse, van Gaal stark zu reden, trotz offensichtlicher taktischer Fehler und eines fragwürdigen Abwehrkonzepts. Präsident Uli Hoeneß hatte sich schon länger mit dem Niederländer überworfen, nach dem 1:3 gegen Hannover kippten auch Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Christian Nerlinger. Vor allem Rummenigge hatte stets versucht zu moderieren, fädelte den „Rotwein-Frieden von Cluj“ ein. In Hannover entglitten auch ihm die Gesichtszüge. Van Gaal muss am Saisonende gehen, mit ihm wohl auch die einst honorige Strategie. Es siegte die Angst, langfristig die Klubziele zu verpassen.

Van Gaals Vertragsauflösung ist damit auch der Beweis, dass der Klub den nötigen Atem für einen langfristigen Aufbau nur schwer aufbringen kann. Van Gaal sollte nicht weniger gelingen, als an einer Zukunft zu basteln und trotzdem die Champions League zu erreichen, die für den Klub die beste Lebensversicherung darstellt – eine kaum realisierbare Mission. Sollte der Klub zur neuen Saison nun tatsächlich Jupp Heynckes verpflichten, wäre dies ein rückwärtsgewandtes Zeichen: Heynckes hat es zwar eindrucksvoll geschafft, das Leverkusener Offensiv-Ensemble zur Abwehrarbeit zu bewegen. Die Strategie wäre mit dem eher konservativen Heynckes jedoch eine andere. Eine neue Ära starten ließe sich mit dem dann 66-Jährigen kaum.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false