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Im Vorwärtsgang. Zuletzt hat Hannover 96 die meisten Gegentore der Bundesliga kassiert. Mit Stürmer Jan Schlaudraff (links) soll es jetzt öfter nach vorne gehen.

© dpa

Bundesliga im Test (4): Hannover 96: Die Unberechenbaren

Am 20. August startet die Bundesliga in ihre neue Saison. In unserer Serie testen wir Stärken und Schwächen der Vereine. Heute: Hannover 96 - ein Team ohne große Namen, aber viel Moral.

Was hat sich verbessert?

Nach einer von der Tragödie um Robert Enke überschatteten sportlich und wirtschaftlich traurigen Saison musste der neue Kader zusammengespart werden. Besser geworden ist daher wenig. Besonders die Folgen personeller Fehlentscheidungen im sportlichen Bereich, überteuerte Spieler und der Trainerwechsel von Dieter Hecking zu Mirko Slomka haben finanziell Spuren hinterlassen. Der Klub hat in der vergangenen Spielzeit sechs Millionen Euro Verlust gemacht.

Wer sind die Stars?

Stars gibt es nicht, was die Niedersachsen um ihren neuen Kapitän Steven Cherundolo zumindest unberechenbar macht. Aber es gibt Anwärter auf den Posten des Publikumslieblings, und den kennt Emanuel Pogatetz ja schon aus seiner Zeit beim FC Middlesbrough, wo der Österreicher immerhin Mannschaftskapitän war. Aber ein Innenverteidiger – so knallhart er auch sein mag – als Star? Das funktioniert in der Bundesliga irgendwie nicht. Hertha BSC hat da mit Arne Friedrich so seine Erfahrungen gemacht. Vielleicht aber kann Carlos Alberto Alves Garcia in die Lücke stoßen. Carlitos, wie sich der 27 Jahre alte Portugiese nennt, hat in den vergangenen drei Jahren in der beschaulichen Schweizer Liga gezaubert. Dort schoss der beidfüßige Mittelfeldspieler für den FC Basel auch ein paar Tore. Dass er den Status eines Stars beansprucht, formuliert Carlitos unbescheiden. „Es gibt sehr gute Spieler in der Bundesliga, und mit mir kommt noch einer dazu“, sagte er bei seiner Vorstellung.

Welche Taktik ist zu erwarten?

Mirko Slomka lässt am liebsten 4-3-3 spielen, war aber am Ende der vergangenen Saison mit seinem 4-2-3-1 erfolgreich. Beide Varianten scheinen möglich, vor allem aber wird es darum gehen, dass Hannover in der Rückwärtsbewegung nicht zu oft überrollt wird: Zwei Mal hintereinander kassierte das Team die meisten Gegentore in der Bundesliga. Dazu wird sicher auch noch die Torwartfrage in die Taktik mit hineinspielen, denn Florian Fromlowitz und Markus Miller sind unterschiedliche Spielertypen. In der Vorbereitung jedenfalls gab es schon Diskussionen um die neue Nummer eins, nachdem der aus Karlsruhe gekommene Miller einen guten Eindruck hinterlassen hatte.

Wie viel Macht hat der Trainer?

Wenig, weil Hannover 96 Martin Kind ist. Trotz des geschafften Ligaverbleibs entfachte der Klubchef Diskussionen um Trainer und Sportdirektor. Kind hatte verlauten lassen, dass der Klub konzeptionell umstrukturiert werden solle. Zwischen Trainer und Sportdirektor hatte es Differenzen gegeben, trotzdem dürfen nun beide weitermachen. Bis zum nächsten Knall?

Was erwarten die Fans?

Wenig, aber nicht weniger als vergangene Saison, als die Mannschaft mit einem herzhaften Endspurt an den beiden letzten Spieltagen die Anhänger auf ihrer Seite hatte und den Klassenerhalt schaffte. Allerdings taugt die zurückliegende Spielzeit mit dem Suizid von Robert Enke und der daraus entstandenen Tristesse nicht als Gradmesser. Zuletzt äußerten viele Fans ihren Unmut darüber, dass der Kader angesichts der monetären Engpässe zu spärlich besetzt ist. Sportdirektor Jörg Schmadtke sagte sogar, dass er die Sorgen des Anhangs verstehen könne.

Was ist in dieser Saison möglich?

Vor zwei Jahren noch waren die Ziele in Hannover hoch, da lebte die Hoffnung, bald auch international zu spielen. Nun starten die Niedersachsen mit der Hoffnung, dass besonders die Aufsteiger schlechter aufgestellt sind als die eigene Mannschaft. Die angepeilte Platzierung zwischen Rang 10 und 13 ist mutig und setzt einige positive Entwicklungen voraus: Der Kampf um die Torhüterposition muss produktiv sein. Die Ehre, wieder einmal Mannschaft mit den meisten Gegentreffern zu sein, sollten die Hannoveraner nicht unbedingt anstreben. Zudem muss sich ein Spielgestalter herauskristallisieren. Die Lücken, die das abgewanderte erfahrene Personal (Hanno Balitsch, Arnold Bruggink, Jiri Stajner) hinterlassen hat, sind groß, aber auch nicht riesig. Pogatetz und Carlitos sind zwei vielversprechende neue Namen, Lars Stindl (Karlsruhe) und Moritz Stoppelkamp (Oberhausen) sind zwei talentierte Spieler für die Zukunft. Und was natürlich Mut machen sollte, ist die Entschlossenheit und die Moral, mit der sich das Team in der vergangenen Saison gegen den Abstieg gestemmt hat.

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