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Bundesliga: Stuttgart trennt sich von Trainer Sammer

Der VfB Stuttgart hat sich nach nur einem Jahr überraschend von seinem Cheftrainer Matthias Sammer getrennt. Die Mannschaft hatte in der Endphase der Bundesligasaison schwache Leistungen geboten. (03.06.2005, 17:55 Uhr)

Stuttgart - Der VfB Stuttgart hat knapp zwei Wochen nach dem Saisonende mit einem Paukenschlag auf die verpasste Teilnahme an der Champions League reagiert. Mit der überraschenden Beurlaubung von Trainer Matthias Sammer zogen die Schwaben am Freitag die Konsequenz aus den zuletzt schwachen Leistungen der Mannschaft mit dem Tiefpunkt des 1:3 gegen Meister Bayern München am letzten Spieltag der Fußball- Bundesliga und dem Sturz auf Platz fünf. «Wir haben heute Morgen in beiderseitigem Einvernehmen beschlossen, künftig getrennte Wege zu gehen», sagte VfB-Präsident Erwin Staudt der dpa. «Wir wollen nun einen glaubwürdigen Neustart mit einem neuen Trainer hinkriegen.» Ein Nachfolger Sammers stehe aber noch nicht fest.

«Die ganze Art und Weise, wie wir uns zuletzt präsentiert haben, war nicht gut», sagte Staudt. «Die Schnitte im Tischtuch ergaben ein Flickwerk. Das Risiko, so in die nächste Saison zu gehen, wollten wir nicht eingehen», begründete er die Trennung von Sammer, der die Schwaben trotz Vertrags bis 2007 nach nur einem Jahr wieder verlässt.

Die Nationalspieler des VfB reagierten bei der Ankunft in Belfast, als sie die Nachricht auf ihrem Handy erreichte, überrascht. «Es ist schade, dass Sammer keine zweite Chance bekommen hat», sagte Stürmer Kevin Kuranyi, der sich bei ihm zuletzt noch über fehlende Rückendeckung beschwert hatte. «Schockiert» und «total überrascht» zeigte sich Torwart Timo Hildebrand. «Obwohl wir die letzten Spiele nicht gut gespielt haben, war es trotzdem ein gutes Jahr mit Matthias Sammer.» Andreas Hinkel: «Das hat sich überhaupt nicht abgezeichnet, sonst hätte sich der Trainer ja noch von uns verabschiedet.» Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff meinte: «Es tut uns Leid, dass man so auseinander gegangen ist. Auf der anderen Seite kennen wir nicht die Beweggründe.»

Der 37-Jährige war im Sommer 2004 als Nachfolger von Felix Magath zu den Schwaben gekommen. Nach einem starken Start trat die Mannschaft in der letzten Saisonphase aber zunehmend verkrampft auf. Die Pleite gegen den FC Bayern ließ nicht nur die Kritik der Fans an Sammers Defensivtaktik immer lauter werden. Zudem wurde dem Rotschopf ein gestörtes Verhältnis zu Kuranyi und Spielmacher Alexander Hleb sowie zu weiteren Führungsspielern nachgesagt.

Während Staudt sich noch am Donnerstag hinter den Cheftrainer gestellt hatte, gilt vor allem VfB-Aufsichtsratschef Dieter Hundt als treibende Kraft hinter der Trennung. Der Arbeitgeberpräsident hatte Sammer kürzlich in einem Zeitungsinterview in Zweifel gezogen.

«Wir haben mit Matthias Sammer das Gespräch gesucht. Ich habe nicht den Eindruck gehabt, dass er sehr überrascht war», sagte Staudt. Zu den als Nachfolger ins Spiel gebrachten Walter Schachner (Grazer AK) und Morten Olsen (Nationaltrainer von Dänemark) erklärte der 57-Jährige: «Sie stehen immer auf meiner Liste wie auch viele andere Namen.» Die angeblich wechselwilligen Hleb und Kuranyi sollen in jedem Fall am «Wasen» bleiben: «Ich gehe davon aus, dass jeder Trainer der Welt darauf besteht, solche Fachkräfte zu halten.»

Für Sammer, der am Freitag nicht zu sprechen war, geht mit der Trennung die Rückkehr zu seiner alten Liebe VfB unglücklich zu Ende. Die Stuttgarter waren es, die den Mittelfeldspieler 1990 nach der Wende in der DDR von Dynamo Dresden in den Westen holten und mit denen er 1992 unter Coach Christoph Daum erstmals Deutscher Meister wurde. Auch seine Frau Karin hat bei den Schwaben kennen gelernt.

Mit Borussia Dortmund feierte «Europas Fußballer des Jahres 1996» in den Jahren 1995 und 1996 zwei deutsche Meisterschaften, 1997 gewann er mit dem BVB Champions League und Weltpokal. 1996 wurde der 51fache Nationalspieler zudem Europameister und damit zu einem der erfolgreichsten deutschen Fußballer. Nach dem Ende seiner Profi- Karriere wegen einer Knieverletzung setzten sich die Erfolge zunächst auch als Trainer fort: Mit der Borussia holte er 2002 mit nur 34 Jahren erneut den Titel und galt als kommender Star der Trainergilde.

Einen ersten Knick erhielt die Karriere des Heißsporns durch die verpasste UEFA-Cup-Qualifikation mit Dortmund im vorigen Sommer. Mit der Trennung vom VfB, der neunten insgesamt in der abgelaufenen Bundesliga-Saison, erreicht sie nun einen vorläufigen Tiefpunkt. (Von Matthias Jung und Timo Lindemann, dpa)

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