zum Hauptinhalt
Klasse(n)foto: Wolfsburgs Spieler haben vor Saisonbeginn noch Spaß

© dpa

Bundesliga-Vorschau, Teil 8: Die Abkehr vom Größenwahn beim VfL Wolfsburg

Am 9. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 51. Saison. In unserer Serie testen wir Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine. Folge 8: VfL Wolfsburg. Der zuletzt unbeständige Meister von 2009 überzeugt mit neuer Ruhe.

Von Christian Otto

Was hat sich verbessert?

Die Abkehr vom Größenwahn ist deutlich zu erkennen. Unter der Regie von Felix Magath, der im Oktober 2012 als Alleinherrscher gescheitert war, hatte die Personalpolitik beim VfL Wolfsburg ein inflationäres Ausmaß angenommen. Klaus Allofs, sein Nachfolger auf dem Posten des Geschäftsführers, geht die Dinge besonnener und mit mehr Sozialkompetenz an. Wolfsburg gilt bei besonders guten Spielern nicht gerade als beliebte Wahlheimat. Deshalb muss der VfL bei den wichtigen Transfers das Geld großzügiger ausgeben als die Konkurrenz. Aber Allofs schafft es auf charmante Art, dass die Optimierungen am Spielerkader nicht mehr so wuchtig und großspurig wie noch bei Magath wirken.

Wer sind die Stars?

Eigentlich ist Diego immer noch die größte Attraktion am Mittellandkanal. Der Brasilianer, dessen Eskapaden zuletzt nachgelassen haben, agiert weiter als Strippenzieher im Mittelfeld des VfL Wolfsburg. Aber Trainer Dieter Hecking hat offenbar erkannt, dass es eine gute Taktik ist, sich nicht zu sehr auf Diego verlassen zu müssen. Mit Eigengewächs Maximilian Arnold steht ein Jungprofi bereit, der zielstrebig für Schwung, Spielwitz und Torgefahr sorgt. Der 19-Jährige hat seinen Vertrag bis 2017 verlängert bekommen. Dem bescheidenen Arnold gehört die Zukunft. Ihm dürfte es sehr recht sein, wenn die Mehrheit der Schlagzeilen vorerst für Diego reserviert bleibt.

Wer hat das Sagen?

Im Grunde ist Hecking ein resoluter Cheftrainer, der seine Sicht der Dinge durchsetzt. Aber auf das Techtelmechtel mit den Medien und die schillernden Momente seines Arbeitsalltages zeigt er wenig Lust. Deshalb agiert Allofs, der Hecking nach Wolfsburg geholt hat, nicht nur als sein Vorgesetzter, sondern auch als Wortführer. Beide haben als Saisonziel formuliert, dass der VfL Wolfsburg in dieser Saison wieder das beste norddeutsche Team sein soll und dafür die Rivalen aus Hamburg, Hannover, Bremen und Braunschweig hinter sich lassen möchte. Aber Allofs spricht im Vergleich zu Hecking das gewichtigere Wort, weil er als Geschäftsführer an der Nahtstelle zum Hauptsponsor arbeitet. Das allerletzte Wort haben beim VfL nämlich die Manager des Volkswagen-Konzerns.

Was erwarten die Fans?

Die Anhängerschaft eines Vereins, der sich auch nach 16 Jahren Bundesliga-Zugehörigkeit als Retortenklub belächeln lassen muss, lechzt nach mehr Authentizität. Es hat seit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft 2009 keinen Spaß gemacht, sich die Namen von mehr als 100 Spielern zu merken, die gekommen und gegangen sind. Gesucht werden Lieblinge, die die Trikotärmel nicht nur aus modischen Gründen hochkrempeln und die sich mit dem VfL Wolfsburg wirklich identifizieren können. „Wir wollen ein sympathischer Verein werden“, lautet die oberste Maxime von Allofs. Die Fans erwarten auf dem Weg zu diesem Ziel keine Wunderdinge. Sie wären schon dankbar, wenn ihre vermeintlichen Lieblinge inklusive Trainer auch mal ein wenig länger an Bord bleiben.

Was ist in dieser Saison möglich?

Hecking hat Ruhe und Stabilität gebracht, deshalb wird der VfL Wolfsburg in dieser Saison endlich einmal nicht in den Abstiegsstrudel geraten. Der aufgeblähte Kader ist stark verkleinert worden, aber immer noch sehr komfortabel besetzt. Angesichts der traumhaften Rahmenbedingungen ist es realistisch, dass der Fußball-Norden einen neuen Anführer bekommt. Der starke Auftritt beim 2:0-Sieg im Testspiel gegen Olympique Marseille am Sonntag darf als Empfehlung für höhere Aufgaben gewertet werden – nämlich für die Europa League.

Und sonst?

Bleibt es ein Rätsel, wie lange der teuerste VfL-Profi noch in Wolfsburg spielt. Diegos Vertrag läuft am Saisonende aus. Allofs möchte verlängern. Was Diego möchte, ist wie so häufig unklar. Der kleine Dribbelkünstler ist zwar zum stellvertretenden Mannschaftskapitän aufgestiegen – doch ein klares Bekenntnis zum Verein lässt weiter auf sich warten. Als Spieler von Werder Bremen (2006 bis 2009) hatte es Diego am Ende sogar geschafft, Deutsch zu sprechen. Dieses Kunststück will ihm in Wolfsburg einfach nicht mehr gelingen. Christian Otto

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false