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Caeleb Dressel holte bei der WM in Budapest sieben Goldmedaillen.

© Axel Heimken/dpa

WM in Budapest: Caeleb Dressel: Schwimmen mit dem Strom

Caeleb Dressel war der erfolgreichste Beckenschwimmer bei der WM in Budapest. Vor drei Jahren hatte er mit dem Sport schon abgeschlossen.

Vor drei Jahren war Caeleb Dressel schon raus aus dem Schwimmsport. Dem Sprintspezialisten aus Green Cove Springs in Florida, damals 17 und durch etliche nationale Altersklassenrekorde aufgefallen, machte vor allem der Leistungsdruck zu schaffen. Doch er lernte, mit den Erwartungen seiner Trainer und der Öffentlichkeit umzugehen. „Ich habe eine andere Haltung entwickelt. Ich sage mir manchmal: Entspann’ dich und schwimm’ einfach mal mit dem Strom. Deshalb liebe ich meinen Sport jetzt auch so viel mehr als vor meiner Auszeit“, erzählte Dressel drei Monate vor den Spielen in Rio.

Aus Brasilien kehrte er mit zwei Staffelsiegen zurück, von der WM in Budapest nun als erfolgreichster aller Beckenschwimmer. Mit sieben Goldmedaillen stach der 20-Jährige sogar die gleichaltrige US-Teamkollegin Katie Ledecky (fünf Titel) aus, Vergleiche mit dem 2016 zurückgetretenen Megastar Michael Phelps folgten auf dem Fuße. Selbst eine absolute Branchengröße wie Sarah Sjöström wurde auf Dressel aufmerksam. „Ich wusste nicht mal, ob er im letzten Jahr bei den Spielen dabei war“, gestand die Schwedin, die wie alle anderen staunte: „Er hat in diesem Jahr einen Riesenschritt gemacht, das ist wirklich beeindruckend.“

Und das gilt bei Weitem nicht nur für Caeleb Dressel, der mit der gemischten Lagenstaffel der USA auch an einem Weltrekord beteiligt war. An den acht WM-Tagen in der Budapester Arena purzelten insgesamt bemerkenswerte elf Bestmarken – den Ungarn Laszlo Cseh überrascht das längst nicht mehr. „Ob eine WM vor oder nach Olympia stattfindet, spielt keine Rolle mehr. Jeder will immer der Schnellste sein“, erklärt der Gewinner von vier olympischen Silbermedaillen.

Bei der WM 2009 gab es 42 Weltrekorde

Gerade in einer Sparte, in der frühere Dopingsünder wie der Chinese Sun Yang oder die Russin Julia Jefimowa munter zu ihren nächsten Weltmeistertiteln schwimmen durften und der Argentinier Martin Naidich wegen Dopingverdachts vorübergehend suspendiert wurde, liegt der Verdacht nahe, dass mancher Rekord mit Hilfe unerlaubter Mittel zustande kommt. „Aber“, sagt Franziska Hentke, Deutschlands Silbermedaillengewinnerin von Budapest, „auch das Schwimmen entwickelt sich eben immer weiter. Deswegen fallen Weltrekorde, wie in allen Sportarten.“

Sebastiaan Verschuren hat solche Zeiten selbst als Aktiver miterlebt. Bei der WM 2009 etwa, am Höhepunkt der Hightechanzug-Ära, zerschmetterten die Beckenschwimmer in Rom unglaubliche 42 Weltrekorde. Als Verschuren ein Jahr später in Budapest EM-Bronze über 200 Meter Freistil holte, waren die Superanzüge schon wieder verboten. Der Rekordjagd tat das keinen Abbruch – und Verschuren weiß auch, warum. Der frühere Topschwimmer aus den Niederlanden sitzt auf einer Terrasse oberhalb der Donau und erzählt vom veränderten Schwimmeralltag. „Im Spitzenbereich“, sagt der 28-Jährige, „lassen die Coaches inzwischen viel smarter trainieren. Früher hieß es immer nur: ‚Volle Kanne!' Nach dem Motto: Viel hilft viel.“ Mittlerweile aber werde das Training viel besser gesteuert, nach modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen auch mal weniger intensive Einheiten eingestreut.

Darüber hinaus ist die Arbeit mit Mentaltrainern für viele Top-Athleten längst eine Selbstverständlichkeit. Unabhängig davon aber betont der Ungar Cseh: „Die heutigen Schwimmer sind wirklich großartig.“ Oder, wie es Sebastiaan Verschuren formuliert: „Typen wie Lilly King, Adam Peaty oder Katie Ledecky wären auch vor 20 oder 30 Jahren Weltrekorde geschwommen.“ Oder sie schwimmen, wie Caeleb Dressel, im richtigen Moment mit dem Strom.

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