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Champions League - VfL Wolfsburg - ZSKA Moskau

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Champions League: Grafite und mehr

Nach dem 3:1-Sieg über ZSKA Moskau ist der VfL Wolfsburg zuversichtlich, dass seine Krise ein Ende gefunden hat.

Armin Veh leistete sich einen unglaublichen Affront, aber das ging im allgemeinen Trubel weitgehend unter. Das ganze Stadion war auf den Beinen, als der Brasilianer Grafite nach 88 Minuten den Platz verließ, es brummte und bebte, doch als der Stürmer des VfL Wolfsburg an der Trainerbank anlangte, blieb Veh einfach sitzen. Grafite musste sich tief bücken, um sich die verdiente Umarmung abzuholen. Drei Tore hatte er zum 3:1-Sieg gegen ZSKA Moskau beigetragen, drei Tore zum erfolgreichen Champions-League- Debüt des VfL, drei Tore auch gegen die Selbstzweifel. Es hat schon nichtigere Gründe gegeben, ein wenig auszuflippen.

Veh aber blieb bei seiner gelassenen Haltung. Die drei Niederlagen in der Bundesliga hatten ihn nicht verrückt werden lassen – der Auftaktsieg in der Champions League würde es ebenfalls nicht schaffen. Was Grafite auszeichne, wurde der Trainer des VfL gefragt: „Dass er Tore macht, ganz einfach“, antwortete er. „Dass er im Normalfall die richtige Entscheidung trifft. Die hat er heute dreimal getroffen.“

Einfach und normal war natürlich gar nichts, nachdem der Meister dreimal hintereinander verloren hatte. Und auch wenn sich Veh von den miesen Resultaten völlig unbeeindruckt gezeigt hatte – seine Spieler wirkten sehr wohl angefasst. Grafite berichtete nach dem Spiel, wie es vor dem Spiel gewesen war: Beim Aufwärmen hatte er einige Bälle aufs Tor geschossen. Sie verfehlten das Ziel, und weil auch die Zuschauer ihm ungewohnt unruhig vorkamen, dachte Grafite bei sich: „Das wird ein schwerer Abend.“ Als der Abend längst in die Nacht übergegangen war, sagte er: „Ein Traum ist wahr geworden.“

Natürlich fokussierte sich alles auf den Brasilianer, der wie seine Kollegen zuletzt vergeblich gegen den Sog nach unten angestrampelt hatte. Das war auch gegen Moskau zu sehen. Einige Bälle sprangen ihm vom Fuß, seine Gegenspieler waren oft den internationalen Tick schneller, zudem versuchte es Grafite zur Unzeit auf kunstvolle Weise. Nur jeden dritten Pass brachte er an den Mann. Aber wen interessierte diese Statistik? Entscheidend war ein anderer Wert. „Er hat alle seine Chancen genutzt“, sagte Moskaus Trainer Juande Ramos. „Grafite war Weltklasse.“

Ramos wirkte weit euphorischer als sein Wolfsburger Kollege. Armin Veh hob vor allem die Zuarbeiter hervor. Zu Recht. Der Pass von Zvjezdan Misimovic vor dem ersten Tor war der Höhepunkt des Spiels, der Einsatz von Edin Dzeko vor dem 3:1 belegte Platz zwei, und erst danach folgten Grafites Abschlüsse. Misimovics Zuspiel vor dem 1:0 war schlicht unverteidigbar. „Er ist ein genialer Partner“, sagte Veh über den Bosnier. „Weil er die Bälle so spielt, wie Grafite sie braucht.“ Dzeko wiederum jagte einem Ball hinterher, den Sergej Ignaschewitsch ins Aus trudeln lassen wollte. „Da geht fast keiner mehr hin“, sagte Veh. „Jeder gibt den Ball verloren, er hat ihn geholt.“ Dzeko legte zurück auf Marcel Schäfer, und dessen Hereingabe verwertete Grafite zum 3:1.

Dzeko, Misimovic, Grafite – es war das magische Dreieck der Meistersaison, das dem VfL einen erfolgreichen Start in die Champions League beschert hatte. Dass ihr Kraftzentrum wieder funktioniert, löste bei den Wolfsburgern neue Zuversicht aus. „Wenn du in der Champions League gewinnst, solltest du dadurch auch Selbstvertrauen bekommen“, sagte Veh.

Als Wolfsburgs erster Abend in der Champions League beendet war, musste Grafite noch einmal zurück zur Ersatzbank. Er hatte sein Trikot liegen lassen. Armin Veh dürfte diese Unachtsamkeit gefallen haben. Grafite ging beim Abpfiff vermutlich vieles durch den Kopf; die Frage, mit wem er sein Trikot tauschen könnte, gehörte offenbar nicht dazu.

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