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© AFP

Champions League: Jens Lehmann: Stummer Abschied

In seinem letzten Champions-League-Spiel kann Jens Lehmann Stuttgarts Aus nicht verhindern.

Es gibt zumindest eine gute Nachricht aus der Nacht des Untergangs: Jens Lehmann hat nach dem 0:4 des VfB Stuttgart im Achtelfinale der Champions League beim FC Barcelona niemandem die Brille aus dem Gesicht gerissen – wie damals in Mainz, als ihn ein Fan nach einer Roten Karte auf sein schlechtes Benehmen ansprach. Als der 40 Jahre alte Torhüter aus der Kabine kam und hinauf zur schmuddeligen Busrampe lief, störte ihn aber auch niemand mit unangenehmen Fragen. Lehmann winkte freundlich und ging weiter. Gesagt hat er kein Wort.

Vielleicht hat Jens Lehmann in diesem Moment an die USA gedacht und die Major League Soccer. Er spielt mit dem Gedanken, dorthin zu wechseln, wenn in Stuttgart endgültig Schluss ist mit der Bundesliga, und rüpelhaftes Verhalten mag man dort nicht besonders. Ein paar Mal in jenen 90 Minuten zuvor, in denen der Titelverteidiger Barcelona die Stuttgarter und Lehmann vorführte, musste man sich um Lehmann sorgen. Mancher wird darauf gewettet haben, dass er das Ende des Spiels nicht auf dem Platz erleben würde. Den drohenden Platzverweis, dem sich Lehmann nach einer Gelben Karte ausgesetzt sah, bewertete Horst Heldt jedoch eher positiv. „Der hat sich wenigstens aufgeregt“, sagte der Vorstand Sport des VfB. „In seinem letzten Spiel hätte er sich das sicher anders vorgestellt.“

Lehmann stand hinter einem Team, das sich den gesamten Abend lang nicht zwischen Angst und Ehrfurcht entscheiden konnte. Der Torhüter aber wehrte sich. Er stritt mit Schiedsrichter Hamer, bis der ihm die Gelbe Karte zeigte. Er stritt mit Zlatan Ibrahimovic und legte sich mit den Zuschauern an, die ihn gnadenlos auspfiffen. Und er hielt. Er hielt, was gegen die Fußballkünstler aus Barcelona zu halten war. Vier Mal gab es auch für Jens Lehmann nichts mehr zu halten. Noch häufiger allerdings gab es etwas zu halten.

„Er war sauer wie wir alle“, sagte Alexander Hleb. „er hat sich mehr erwartet.“ Wie alle. Das 1:1 aus dem Hinspiel hatte Hoffnung gemacht. Doch Stuttgart hatte sich überschätzt. 88 500 Zuschauer sahen eine Zweiklassengesellschaft und beklatschten eine Mannschaft aus Barcelona, der man nach diesem Spiel zutrauen kann, als erste den Champions-League-Titel zu verteidigen. „Wir haben ihnen zu viel Raum gelassen“, sagte Alexander Hleb, „und wir haben ihm zu viel Raum gelassen.“ Gemeint war Lionel Messi, der einmal mehr zeigte, warum er der aktuelle Weltfußballer ist. Er spielte die Stuttgarter schwindelig. Nach 13 Minuten schlug Messi das erste Mal zu. Knapp zehn Minuten später spielte der 22-Jährige einen genialen Pass zu Pedro Rodriguez, der das 2:0 erzielte. Für das 3:0 sorgte Messi wieder selbst, bevor Bojan Krkic kurz vor Schluss den 4:0-Endstand erzielte.

„Wegen solcher Spiele habe ich weitergemacht, deshalb trainiere ich“, hatte Jens Lehmann zuvor gesagt. Dass sein Traum vom glanzvollen Abgang derart deutlich platzte, hat selbst Jens Lehmann am Ende verstummen lassen.

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