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Bald auch bei der Tour in Gelb? Christopher Froome will nach seinem zweiten Platz im vergangenen Jahr die Abwesenheit von Toursieger Bradley Wiggins nutzen.

© dpa

Tour de France: Chris Froome: Der weiße Kenianer

Christopher Froome, der Engländer aus Kenia, geht als Favorit bei der 100. Tour de France an den Start. Anfangs hatte Froome zu kämpfen mit gut asphaltierten Straßen - doch der Weltverband UCI hat sich um dieses Problem gekümmert.

Bei der Tour de France 2012 läuft die Auffahrt in die Skistation La Toussuire, als vier Kilometer vor dem Ziel das Undenkbare passiert. Christopher Froome tritt an, er setzt sich gegen die interne Regie aus der Spitzengruppe ab. Froomes Job im britischen Profiteam Sky beschränkt sich damals darauf, Bradley Wiggins im Gelben Trikot nach Paris zu helfen. Und jetzt macht er sich auf, seinem Chef dieses Trikot von den Schultern zu reißen – ein Tabubruch im Profiradsport. Per Funk pfeift ihn die Teamleitung von Sky zurück. Froome wartet auf Wiggins, kann es sich aber auf dem Weg ins Ziel nicht verkneifen, noch ein paar Mal zu zeigen, wer an diesem Tag der Stärkere ist. Am Ende sagt er, die Medien hätten alles falsch interpretiert, er hätte keine eigenen Ambitionen gehabt, sondern nur den Abstand auf die anderen Favoriten vergrößern wollen. Diese Aussage ist in etwa so glaubwürdig wie ein Dopingdementi Lance Armstrongs.

Wenn am Samstag in Porto Vecchio auf Korsika die 100. Tour de France beginnt, braucht Christopher Froome auf niemanden mehr zu warten. Der 28-Jährige ist der Chef im Team Sky – und der große Favorit der Jubiläumstour. Nach seinem zweiten Platz vor einem Jahr und Wiggins’ Verzicht wegen Knieproblemen soll nun sein einstiger Edelhelfer für den zweiten britischen Toursieg sorgen.

Die Art, ähnlich wie Lance Armstrong alles allein zu regeln, erklärt sich aus der Geschichte des Mannes, der erst seit 2008 mit einer britischen Lizenz fährt. Geboren wurde Froome in Nairobi in Kenia, später ging er mit seinen Eltern nach Südafrika, wo er zum Radfahren kam. Zurück in Kenia trainierte er auf dem Mountainbike, während seine Kumpels kickten.

Christopher Froome: Der "weiße Kenianer" hatte anfangs zu kämpfen mit gut asphaltierten Straßen

2006 erklärte er sich mit Segen des kenianischen Verbandes zum Landesmeister und reiste als Ein-Mann-Team zur Straßen-WM nach Salzburg. Seine Kollegen tauften ihn „weißer Kenianer“ und Froome hatte anfangs zu kämpfen mit gut asphaltierten Straßen. Vor lauter Begeisterung fuhr er einen Rennkommissar um und stürzte. 2007 lud ihn der Weltverband UCI ein, in Aigle in einer Art Trainingscamp mit Anleitung das Radfahren so zu lernen, dass er für sich und andere keine Gefahr mehr war. Froome lernte schnell, bekam 2008 seinen ersten Profivertrag. Die Welt wurde zum ersten Mal auf ihn aufmerksam, als er bei der Spanienrundfahrt 2011 Zweiter wurde. Auch damals war er Helfer für Wiggins gewesen.

Jetzt ist der 69 Kilo leichte Kletterspezialist der Mann, um den sich alles dreht. Froome hat erstklassige Helfer, sein Team gehört zu den stärksten, aber auch zu den am meisten beobachteten. Sky-Chef Dave Brailsford hat die Philosophie des Teams als Vorreitertruppe gegen die Dopingseuche ausgegeben. Seit Jahren beteuert er, dass das große Radprojekt auf der Insel sauber sei. Brailsford, der auch Englands Nationalteam und die Bahnfahrer verantwortet, stieg nach dem Medaillensegen von London sogar zum Sir auf. Dass alles sauber laufe, hatten auch schon andere wie das Team Telekom oder US Postal mit Lance Armstrong behauptet. Tatsächlich war alles gelogen.

Auch Christopher Froome spürt den eisigen Wind der Realität. Antonie Vayer, früher Trainer des französischen Skandalteams Festina, findet einige seiner Leistungen „verdächtig“. Froome entgegnet aufgebracht: „Ich weiß, dass meine Ergebnisse in sechs, sieben Jahren nicht aberkannt werden.“ Dem Radsport wäre es zu wünschen. Erfahrung mit Doping hat dagegen aktenkundig der Spanier Alberto Contador. Aber seine Sperre ist vorbei. So gibt es bei der 100. Tour wenigstens einen ernsthaften Konkurrenten für Froome.

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