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Christian Dissinger bei der diesjährigen Europameisterschaft in Polen gegen Spanien

© dpa

Handball: Christian Dissinger und die Weisheit der Jugend

Irgendwann ist zu viel. Nationalspieler Christian Dissinger zieht aus der Überbelastung durch Bundesliga, WM, EM und Olympia seine Konsequenzen.

Christian Dissinger ist ein junger Bursche, gerade einmal 24 Jahre, dazu 2,03 Meter groß und schwer austrainiert. Wenn der gebürtige Ludwigshafener für die Handball-Nationalmannschaft auflief, dann spielte er so, wie man es als Fan, Zuschauer und Bundestrainer erwartet: mit großer Leidenschaft und Entschlossenheit. Man könnte auch sagen: Dissinger ging mit dem Kopf durch die Wand. Stets schmerzfrei im Zweikampf.

Offenbar war genau das nicht der Fall. In einem Interview mit der „FAZ“ hat der Rückraumspieler nun seinen vorzeitigen Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekannt gegeben, nach lediglich 19 Länderspielen. So wie im Moment könne es einfach nicht weitergehen, sagte Dissinger – und meinte natürlich die enorme Belastung, der Nationalspieler wie er ausgesetzt sind, erst recht, wenn sie noch fest bei einem internationalen Spitzenklub wie dem THW Kiel angestellt sind. 60, 70, 80 Pflichtspiele pro Jahr sind mittlerweile längst zur Normalität geworden, ebenso wie die Schmerztablette vor Spielbeginn.

Ob Dissinger irgendwann mal wieder für Deutschland spielen wird, ist noch unklar. Für die nächste WM, 2017 in Frankreich, steht er jedenfalls nicht zur Verfügung. Wer die Perspektiven und das Potenzial des Nationalteams kennt, das im Januar Europameister geworden ist und im August Olympia-Dritter, der kann sich in etwa vorstellen, wie schwer ihm die Entscheidung gefallen sein muss. Dissinger verletzte sich bei beiden Turnieren.

Nun ist Überbelastung seit langem ein großes Thema im Handball, es kommt und geht so verlässlich wie die Jahreszeiten, aber im Olympischen Jahr werden die Probleme besonders offensichtlich: Dann bestreiten die Nationalteams drei große Turniere – EM, Olympia, WM – innerhalb von zwölf Monaten, und das wird sich so schnell nicht ändern. Deshalb ist es auch richtig, dass Dissinger nun seinen Status als Nationalspieler nutzt, um auf die Missstände hinzuweisen. Zumal es sich bei seinen Aussagen nicht um spontan-reißerische Eingebungen handelt, sondern um kluge Worte eines jungen Erwachsenen.

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