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Sport: Coast gesperrt, Ullrich enttäuscht Radsportverband entzieht deutschem Team die Lizenz

Frankfurt. Jan Ullrich hatte gerade den ersten Härtetest hinter sich.

Frankfurt. Jan Ullrich hatte gerade den ersten Härtetest hinter sich. 160 Kilometer Trainingsfahrt durch die Toskana. Das zweimal im letzten Jahr operierte Knie hielt den Belastungen Stand. Erleichtert und glücklich stieg der Toursieger von 1997 im Hof des Landgasthauses am Fuße des Bergdorfes Montecarlo vom Rad – im hellblauen Coast-Trikot.

Ob Jan Ullrich jemals nach Ablauf seiner Dopingsperre am 23. März das Hemd des Essener Textilunternehmers Günther Dahms in einem Rennen tragen wird, scheint seit Donnerstag fraglich. Rudy Pevenage, Ullrichs persönlicher sportlicher Leiter und auch Berater, hatte im privaten Trainingslager in der Toskana die niederschmetternde Nachricht erhalten: Der Radsport-Weltverband UCI hat das deutsche Team Coast wegen wiederholter Zahlungsunregelmäßigkeiten mit sofortiger Wirkung gesperrt.

Für Rudy Pevenage „gibt es keine andere Lösung“, so seine erste Reaktion, „als nun eine neue Mannschaft zu suchen“. Ullrichs Manager Wolfgang Strohband muss geahnt haben, dass großer Ärger ins Haus steht. „Einige Dinge finde ich nicht in Ordnung. Die müssen noch gerade gerückt werden“, hatte er am Vortag vage erklärt. Wieder einmal wurden die Zahlungsschwierigkeiten von Coast, dessen Besitzer sein Geld mit einer Kette von 16 Mode-Boutiquen im Rhein-Ruhr-Gebiet verdient, offenkundig. Und der umtriebige Dahms ist wieder einmal emsig bemüht, in Verhandlungen mit der UCI die Schwierigkeiten und Säumnisse aus der Welt zu schaffen. „Bis zum 5. März müssen wir alle Zahlungen für alle Fahrer und Angestellten unseres Teams bei der UCI für den zurückliegenden Monat nachweisen“, sagte Dahms. Die Kopie des Überweisungsauftrags seiner Bank habe die UCI nicht anerkannt. Durch den Karneval habe er den geforderten Beleg einen Tag zu spät nachgereicht.

Schon bei der Lizenzierung hatte es Versäumnisse gegeben. So hatte das Team, Fünfter der Weltrangliste und für die Tour de France automatisch qualifiziert, erst in einem zweiten Verfahren Anfang Januar überhaupt die Lizenz erhalten. Immer wieder haben Fahrer im Sold von Dahms über ausstehende Lohnzahlungen geklagt. Sobald die Rückstände ausgeglichen seien, heißt es aus Kreisen der UCI, werde die Sperre aufgehoben. Auch Jan Ullrichs Vertrag mit Coast, für dessen Lizenz erforderlich, liegt bei der UCI noch nicht vor.

Doch Ullrich und Pevenage scheinen mit Coast abgeschlossen zu haben. „Coast braucht einen zweiten Sponsor, um das Team zu finanzieren. Jetzt ist die Mannschaft gesperrt. Wie soll man da noch einen zweiten Sponsor finden?“ fragt der Belgier. Jan Ullrich, der von Coast pro Jahr zwei Millionen Euro erhalten soll, wollte den neuen Rückschlag nicht weiter kommentieren. Nur soviel: „Ich bin maßlos enttäuscht, dass bei all der positiven Vorbereitung nun wieder etwas dazwischen gekommen ist.“

Pevenage seufzte: „Jan ist jetzt richtig motiviert und gut drauf, und nun das. Das Vertrauen ist weg.“ Sein Januar-Gehalt habe er bekommen. „Auf das Geld für Februar warte ich noch“, sagt der Belgier. Schon seit Monaten wird hinter vorgehaltener Hand die Frage gestellt: Wann geht dem das Geld aus? Wenn Dahms nicht mehr zahlungsfähig sein sollte, wäre eine Möglichkeit, dass ein neuer Sponsor die ganze Mannschaft kauft. „Aber das ist alles nicht so einfach“, sagt Rudy Pevenage.

Hartmut Scherzer

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