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Sport: Cottbus schleppt sich nach oben

Nach dem 3:1-Sieg über 1860 München steigt der FC Energie zum zweiten Mal nach 2000 in die Bundesliga auf

Cottbus - Kenan Sahin, eine Art Edelreservist des FC Energie Cottbus, empfahl sich nachdrücklich für weitere Aufgaben. Sahin leistete wertvolle Unterstützerdienste, er rackerte unermüdlich und ging weite Wege – um immer neue alkoholische Getränke in die Kabine zu schleppen. So ist das bei Energie. „Alle haben an einem Strang gezogen“, sagte Trainer Petrik Sander. „Das war das Erfolgrezept dieser Saison.“ Weil die Mannschaft als Mannschaft nahezu perfekt funktionierte, endete die Saison für Energie, wie schon 2000, mit dem Aufstieg in die Bundesliga. „Das ist keine gute Mannschaft“, sagte Sander. „Das ist auch keine sehr gute Mannschaft. Das ist eine besondere Mannschaft.“

Als das letzte Saisonspiel gegen 1860 München mit 3:1 (1:1) gewonnen war, lief der Trainer noch einmal gegen den Strom an: Die Zuschauer stürmten im ausverkauften Stadion der Freundschaft von den Rängen auf den Rasen. Sander nahm den umgekehrten Weg. Auf der Tribüne umarmte er seinen Sohn – und das nicht nur aus familiärer Zuneigung. Fabian Sander hatte seinem Vater vor der Saison „genau dieses Szenario vorhergesagt. Ich habe damals ein bissl an seinem Verstand gezweifelt“, erzählte Petrik Sander.

Man muss ein großer Optimist gewesen sein, um vor der Saison an den Aufstieg der Cottbuser geglaubt zu haben. Auch im vergangenen Jahr hatte die Mannschaft am letzten Spieltag ein Endspiel. Damals rettete sie sich nur mit viel Glück vor dem Abstieg in die Regionalliga. „Was hier in den letzten beiden Jahren abgelaufen ist, ist phänomenal“, sagte Mittelfeldspieler Daniel Gunkel. „Es war ja nicht so, dass wir den Aufstieg geschenkt bekommen haben.“

Auch der letzte Akt artete noch einmal in harter Arbeit aus. „Wir haben von der ersten Minute geackert wie die Schweine“, sagte Lars Jungnickel. Gleich beim ersten Angriff traf Kevin McKenna den Pfosten, Energie erwirtschaftete sich einige Chancen, durchdachter aber spielte 1860, und um 15.20 Uhr stürzte Paul Agostino die Cottbuser mit seinem Tor zum 1:0 aus den Aufstiegsplätzen. 20 Minuten benötigte Energie, um den Schock zu verarbeiten, dann schoss Kapitän Gregg Berhalter seine Mannschaft mit einem Handelfmeter zurück auf Platz drei. „Wir sind hinterhergelaufen, und wir sind belohnt worden“, sagte Sander. „Das Spiel war ein Spiegelbild der ganzen Saison.“ Mit letzter Kraft schleppte sich Energie ins Ziel. Das 2:1 durch Vragel da Silva zehn Minuten nach der Pause fiel ebenso nach einem Eckball wie McKennas Tor zum 3:1. Seit vier Spielen hat Energie kein Tor mehr aus dem Spiel heraus erzielt. „Wir haben’s gezwungen“, sagte Jungnickel. Auch das ist eine Qualität.

Sander wertete den Aufstieg einerseits „als Wunder“, andererseits „als eine sensationelle Leistung, die nicht vom Himmel gefallen ist“. Der übliche Reflex ist, die Cottbuser nun für den ersten Absteiger aus der Bundesliga zu halten. „Wir müssen was tun“, sagte Sander. „Aber wir sind noch nicht am Ende der Entwicklung.“ Nach der Erfahrung dieser Saison sollte die Bundesliga das ruhig als Drohung verstehen.

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