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Sport: Cottbus - Wolfsburg: Verwöhnte Deutsche

Auf Rumänisch hätte er sicher dezidierter Stellung bezogen. Sich über vergebene Torchancen aufgeregt, über Rettungsmaßnahmen im Abstiegskampf schwadroniert, vielleicht auch den Kampfgeist der Mitspieler gelobt.

Von Karsten Doneck, dpa

Auf Rumänisch hätte er sicher dezidierter Stellung bezogen. Sich über vergebene Torchancen aufgeregt, über Rettungsmaßnahmen im Abstiegskampf schwadroniert, vielleicht auch den Kampfgeist der Mitspieler gelobt. Aber nein, der wissbegierige Reporter jenes Bezahl-Fernsehsenders, der gegen Bares auch das grausamste Bundesliga-Ballgeschiebe in voller Länge in die Wohnzimmer sendet, erwartete eine Antwort auf Deutsch. Und Vasile Miriuta, Rumäne mit ungarischem Pass, gab sich alle Mühe - trotz aller Erschöpfung und Enttäuschung nach dem 0:0 gegen den VfL Wolfsburg. "Normalerweise ist ein Punkt zu wenig für uns. Aber das ist auch nicht schlecht, drei sind besser, 0:0 - ja", radebrechte Miriuta. Geschliffene Reden im für ihn fremden Idiom gehören schließlich nicht zu seinen Aufgaben beim FC Energie. Miriuta ist einer der Spieler ausländischer Herkunft, auf die Trainer Eduard Geyer im Abstiegskampf baut. Einer, der Verantwortung übernimmt und die Ärmel aufkrempelt. Tugenden, die Geyer bei den meisten deutschen Spielern vermisst.

Bundesliga aktuell Ergebnisse und Tabellen Tipp-Spiel Da war es nur konsequent, dass gegen Wolfsburg auch der letzte Schritt vollzogen wurde. Ein Novum in der Geschichte der Bundesliga war es trotzdem: Erstmals trat eine Mannschaft an, in der von Beginn an elf Spieler mit ausländischem Pass standen, von A wie Akrapovic bis V wie Vata. Eduard Geyer verteidigte seine Osteuropa-Auswahl, verstärkt durch den Brasilianer Bitencourt und Latoundji aus Benin, hinterher vehement. Der Cottbuser Trainer stellte, keinen Widerspruch duldend, fest: "Wenn die Ausländer besser sind als die anderen, dann müssen sie auch spielen."

Der Untergang deutscher Fußball-Kultur manifestiert sich für Geyer in anderen Dingen als einer mehr oder weniger zufälligen Aufstellung. Zum Beispiel in der Ausbildung des Nachwuchses. "Sieben Jahre bin ich nun schon in Cottbus", hielt der Trainer den Kritikern seiner Aufstellungs-Praxis entgegen, "aber bei mir hat sich noch kein deutscher Spieler gemeldet, den ich sofort bedenkenlos mitspielen lassen könnte."

Und dann kehrte Eduard Geyer, passend zur Faulheitsdebatte die Kanzler Schröder gerade lostrat, wieder den harten Hund hervor. Zu verweichlicht sind seiner Meinung nach die talentierten Spieler in Deutschland. "Hier herrscht doch gegenüber jungen Spielern die Einstellung vor: Wir packen euch in Watte, die Drecksarbeit auf dem Platz können ja die Ausländer machen," Eine Geschichte, die bei ihm so nicht funktioniert. Er verlangt in gewohnt drastischen Worten: "Die sollen sich den Arsch aufreißen, ackern und rennen, dann kommen sie endlich ran."

Geyers Aufstellung gegen den Vfl Wolfsburg dokumentiert indes auch ein anderes Cottbuser Dilemma. Gerade jetzt, in den entscheidenden Wochen des Abstiegskampfes, fallen viele Spieler verletzt aus. Christian Beeck wurde am Freitag am Kreuzband operiert, Sebastian Helbig leidet unter unerklärlichen Rückenbeschwerden, Ronny Thielemann ist von seiner Leistenverletzung noch nicht richtig genesen, Jörg Scherbe hinkt leistungsmäßig etwas hinterher. Energie Cottbus wankt auf die Zielgerade der Saison.

Ob Geyer bei den vielen Ausländern nicht hin und wieder Probleme bekomme, sein taktisches Konzept verbal an den Mann zu bringen, wurde der Trainer hinterher gefragt. "Eigentlich nicht", sagte Geyer, um nach kurzer Bedenkzeit anzumerken: "Es gibt welche, da dringst du sicherlich nicht bis in die letzten Zellen des Gehirns ein."

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