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Hochstehend: Cristiano Ronaldo

© dpa

Portugal schlägt Wales und steht im EM-Finale: Cristiano Ronaldo: Der Mann, der in der Luft steht

Portugal spielt mal wieder nicht restlos überzeugend gegen Wales. Aber Cristiano Ronaldo tut es - und bringt sein Team ins Finale.

Und wieder geht ein Märchen zu Ende. Am Sonntag stoppte Frankreich im Viertelfinale die Europa-Reise der liebevoll-tapferen Isländer, am Mittwoch war für Wales Schluss. Der EM-Debütant hielt das Halbfinale lange Zeit offen, aber dann hatte Cristiano Ronaldo zu Beginn der zweiten Halbzeit zwei lichte Augenblicke, sie ermöglichten Portugal einen 2:0 (0:0)-Sieg. Ronaldo war der Mann dieser Nacht von Lyon, er ließ sich mit ausgebreiteten Armen vom portugiesischen Anhang feiern. Die Waliser Fans sangen stolz und trotzig ihre Nationalhymne.

Die Portugiesen stehen im Finale am Sonntag in Saint-Denis, aber sie dürften wenig Angst und gar keinen Schrecken bei den potentiellen Gegnern Frankreich und Deutschland erregt haben. Mit minimalistischem Aufwand und ohne jede Phantasie mühte sich die der EM-Zweite von 2004 zum ersten Sieg innerhalb der regulären Spielzeit im sechsten EM-Spiel. Dass dieser Aufwand für die Finalteilnahme reicht – nun ja. „Ich hoffe, dass ihr mich am Sonntag Tränen der Freude weinen seht“, sagte Ronaldo.

Es sagt einiges über die Qualität des Spiels, dass sich der für lange Zeit spannendste Moment vor dem Anpfiff ereignete. Ein Bürschlein mit rotem Shirt und schwarzer Hose schmuggelte sich auf das Mannschaftsfoto der pastellgrün gewandeten Portugiesen, er platzierte sich keck neben Cristiano Ronaldo, was dieser mit einer Umarmung und einem breiten Lachen quittierte. Das eigentliche Spiel ging für ihn gar nicht so lustig los. Ronaldo wurde gleich in der Anfangsphase einmal von James Collins im Strafraum zu Boden gerissen, aber mittlerweile ist es ja chic, nicht für den eitlen Portugiesen zu pfeifen.

Auf Waliser Seite war Ronaldos Klubkollege Gareth Bale die auffälligste Figur. Er hatte sichtlich Spaß an der ungewohnten Rolle im zentralen Mittelfeld, die er bei Real Madrid noch nie gespielt hat. Bale lief viel und legte schöne Dribblings hin, immer wieder forderte und bekam er den Ball. Einmal schoss er nach einem Solo direkt auf Portugals Torhüter Rui Patricio, ein anderes Mal nach einer kurz ausgeführten Ecke aus halblinker Position einen guten Meter über das Tor. Es war vor allem Bale zu verdanken, dass die Waliser anfangs so etwas wie eine optische Überlegenheit auf den Rasen brachten. Darauf ist ihr Spiel eigentlich nicht ausgerichtet, erst recht nicht ohne den bei dieser EM überragenden Aaron Ramsey – der Ballverteiler vom FC Arsenal fehlte in Lyon wegen der zweiten Karte im laufenden Turnier, er hatte sie beim sensationellen Sieg im Viertelfinale über Belgien kassiert.

Künstlerisch begabte Mittelfeldkünstler saßen auf der Bank

Doch bei allem Respekt – wenn eine auf Defensive und Konterfußball spezialisierte Mannschaft wie Wales ohne ihren Spielmacher Zeit und Raum zum Aufbau bekommt, spricht das nicht für den Gegner. Es dauerte eine halbe Stunde, bis die Portugiesen sich auf den unkonventionellen Waliser Stil mit drei Innenverteidigern und zwei nur geringfügig höher stehenden Außenverteidigern eingestellt hatten. Wie schon in den ersten beiden K.o.-Rundenspielen gegen Kroatien und Polen stand die Mannschaft von Fernando Santos nicht im Verdacht der Kreativität und Phantasie. Joao Moutinho und André Gomes, die künstlerisch begabten Mittelfeldleute, hätten dieses Vakuum am ehesten füllen können, aber die saßen erst einmal auf der Ersatzbank.

So verging eine geschlagene erste Halbzeit, bis es denn doch den Ansatz einer Torchance für den Favoriten gab. Adrien Silva flankte aus halblinker Position, in der Mitte sprang Ronaldo höher als James Chester, doch er bekam mit der Stirn keinen Druck hinter den Ball, der weit über das Tor flog. Dass er es besser kann, zeigte Ronaldo gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit. Eine Ecke von der linken Seite segelte in den Strafraum, diesmal vom künftigen Dortmunder Raphael Guerreiro. Ronaldo stieg hoch, er schien einen Augenblick in der Luft zu stehen, bog den Oberkörper zurück, ließ den Kopf nach vorn schnellen, und dann schlug der Ball auch schon im Tor ein. Es war ein in Perfektion vorgeführter Kopfball und der Anfang vom Ende aller Waliser Träume. Dass Ronaldo dann posierte, die Muskeln spannend geschenkt.

Der Außenseiter hatte sich von diesem Schlag noch gar nicht erholt, da folgte gleich der zweite. Wieder war Ronaldo beteiligt, mit einem Zwischending aus Pass und Schuss vom rechten Strafraumeck. Nani grätschte dazwischen und stieß den Ball mit der Fußspitze zum 2:0 ins Tor. Damit war das Spiel natürlich entschieden. Wales lockerte die Deckung und versuchte mit der Einwechslung der Offensivkräfte Jonathan und Simon Church eine Art Sturmlauf hinzulegen. Wales drückte, aber die Portugiesen waren auch ohne ihren verletzten Abwehrstrategen Pepe clever genug, den Gegner von ihrem Tor fernzuhalten.

Es gab da noch zwei Gewaltschüsse von Bale, aber keine ernsthafte Gefahr. Auf der anderen Seite strich Ronaldos Freistoß knapp über die Latte, später traf er das Außennetz, und Danilo vergab allein vor Wayne Hennessey das mögliche 3:0. Aber irgendwann ist auch mal gut.

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