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Sport: „Dann ging auf einmal alles von vorn los“

Wenn alle Schützen durch sind: Tony Baffoe über ein Elfmeterschießen, das nicht enden wollte

Erst nach 24 Elfmetern stand der Sieger fest: Im Viertelfinale des Afrika-Cups in Ägypten schlug die Nationalelf der Elfenbeinküste am Sonnabend Kamerun mit 12:11 im Elfmeterschießen. Nach 120 Minuten hatte es in Kairo 1:1 gestanden. Nachdem alle 22 Schützen beider Teams mit ihren Elfmetern getroffen hatten, trat Samuel Eto’o, Kameruns Stürmerstar vom FC Barcelona, zum zweiten Mal an – und verschoss. Didier Drogba vom FC Chelsea behielt anschließend bei seinem zweiten Einsatz die Nerven, verwandelte sicher und brachte den WM-Teilnehmer Elfenbeinküste ins Halbfinale. Was zunächst unglaublich wirkt, ist durchaus nicht einzigartig: Denn schon einmal gab es beim Afrika-Cup eine Entscheidung nach 24 Elfmetern: 1992 im Finale in der senegalesischen Haupstadt Dakar endete das Elfmeterschießen zwischen Ghana und der Elfenbeinküste 10:11. Nach 120 Minuten hatte es damals 0:0 gestanden. Je zehn Spieler beider Teams trafen zunächst im Elfmeterschießen, je einer traf nicht. Den entscheidenden Elfmeter verschoss dann Tony Baffoe von Fortuna Düsseldorf. Wie jetzt Eto’o hatte er seinen ersten Elfmeter verwandelt und versagte, als er ein zweites Mal antrat.

Herr Baffoe, Sie befinden sich jetzt in guter Gesellschaft ...

Ich konnte das Spiel leider nicht sehen und habe dann im Videotext von den 24 Elfmetern und Eto’os Fehlschuss gelesen. Ich konnte es erst nicht glauben. Ich bewundere Samuel Eto’o und halte ihn für einen ganz Großen des Fußballs. Doch daran sieht man, dass so was selbst den ganz Großen passiert. Maradona, Matthäus und andere Superstars haben ja schließlich auch Elfmeter verschossen.

Und die beiden hatten dabei noch nicht einmal wie Sie und Eto’o den Druck, ein zweites Mal antreten zu müssen. Wie war das bei Ihnen damals, 1992?

Ich habe damals gleich als Erster geschossen, meinen Elfmeter verwandelt und gedacht, ich wäre damit durch. Dann zog sich das Elfmeterschießen endlos hin und ging auf einmal wieder von vorn los. Mein Trainer Otto Pfister hat mir hinterher gesagt, dass ich gar nicht unbedingt gleich als Erster wieder schießen musste, obwohl ich ja zuvor auch der erste Schütze gewesen war. Die Regeln geben dafür keine Reihenfolge vor. Doch für mich war in dem Moment sowieso klar, dass ich das als Kapitän machen muss und es nicht den jüngeren Spielern überlassen kann. Die haben mich einfach nur ratlos angeschaut, als klar war, dass es weitergeht. Außerdem war ich ja ein sicherer Elfmeterschütze, auch im Verein. Dann habe ich auch extra noch in eine andere Ecke geschossen als beim ersten Mal. Doch Alain Gouamene, der Torwart der Elfenbeinküste, hat diesmal gehalten.

Uli Hoeneß wird in Deutschland heute noch für seinen Fehlschuss vom EM-Finale 1976 in Belgrad hochgenommen. Wie ist man in Ghana mit Ihnen nach dem Finale 1992 umgegangen?

Das hat mir dort keiner übel genommen. Im Gegenteil, meine Mannschaftskameraden und ich wurden damals wie Helden in Ghana empfangen. Schon auf der Rollbahn am Flughafen standen riesige Menschenmengen. Ghana war zuvor schließlich acht Jahre lang nicht beim Afrika-Cup dabei gewesen, und wir haben es dann immerhin gleich bis ins Finale geschafft.

Spricht man Sie in Afrika heute noch auf Ihren spektakulären Fehlschuss von Dakar an?

Immer wieder. Und wenn die Leute es nicht von sich aus tun, dann sage ich ihnen: Hallo, ich bin der mit dem zweiten Elfmeter. Das sage ich vor allem dann, wenn mich Leute nicht mehr auf Anhieb erkennen. Als Spieler hatte ich ja so eine Rastafrisur, heute trage ich den Kopf lieber kahl.

Die Fragen stellte Markus Hesselmann

Tony Baffoe (40) spielte unter anderem für Fortuna Düsseldorf und Fortuna Köln

sowie für Ghana. Heute moderiert

er Sportsendungen

für afrikanische

Fernsehstationen.

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