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Völlig losgelöst. Die Polen feiern ihren Sieg gegen die deutsche Nationalmannschaft.

© Reuters

Das 2:0 in der EM-Qualifikation: Polen gewinnt auf deutsche Art

"Wir haben Geschichte geschrieben" - mit Entschlossenheit und Konsequenz gelingt Polen der historische Sieg gegen Deutschland. Die Euphorie im Land ist groß - für Trainer Nawalka war der Erfolg trotzdem erwartbar.

Selbst in der Stunde des Triumphs wahrten die Gastgeber formvollendete Höflichkeit. Die knapp 57 000 Zuschauer im Warschauer Nationalstadion wurden mit den besten Wünschen in die Restnacht entlassen. In drei Sprachen – Polnisch, Deutsch, Englisch – verabschiedete der Stadionsprecher die Besucher und formulierte dabei die Hoffnung, „dass sie das Spiel genossen haben“. Als wenn daran, zumindest für die Zuschauer mit polnischem Pass, der geringste Zweifel bestanden hätte. Sie genießen das Spiel vermutlich immer noch.

„Wir haben Geschichte geschrieben“, sagte Lukasz Piszczek nach dem 2:0-Sieg der polnischen Nationalmannschaft gegen Deutschland. Es war nicht nur ein Erfolg gegen den großen Nachbarn, ein Erfolg gegen den aktuellen Weltmeister – es war im 19. Duell mit der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes auch der erste Sieg überhaupt für Polen. „Man hat im Stadion gesehen, wie viel das den Menschen im Land bedeutet“, sagte Piszczek. Mit seiner Flanke vor dem 1:0 durch den früheren Augsburger Arkadiusz Milik hatte der Dortmunder Verteidiger seinen Teil zu diesem historischen Erfolg beigetragen. Als Sebastian Mila kurz vor Schluss nach Vorarbeit von Robert Lewandowski auf 2:0 erhöhte, erlebte das Nationalstadion den vielleicht emotionalsten Moment seit seiner Eröffnung vor knapp drei Jahren. Der Macht dieses Augenblicks konnte sich niemand entziehen. „Wir spielen, um unsere Fans stolz zu machen“, sagte Nationaltrainer Adam Nawalka. Das war ihnen gelungen.

Große Euphorie in Polen

Als er eine gute Stunde nach dem Schlusspfiff zur Pressekonferenz erschien, applaudierten ihm die polnischen Reporter. Nawalka blieb noch einen Moment stehen und dankte mit einer etwas linkischen Geste. So viel Anerkennung ist einem polnischen Nationaltrainer in den vergangenen Jahrzehnten selten zuteil geworden. Nachdem Nawalka auf seinem Stuhl Platz genommen hatte, verkündete er, dass die Vorbereitung auf die nächste Begegnung, am Dienstag gegen Schottland, bereits begonnen habe. „Fassen Sie sich kurz", sagte er zu den Reportern. Was angesichts der Bedeutung dieses Spiels ein ziemlich weltfremder Wunsch war.

Auch am Morgen danach waren im polnischen Fernsehen immer wieder die Bilder vom Vorabend zu sehen. Der Nachrichtensender TVN 24 schaltete live nach Berlin zu seiner Korrespondentin vor dem Reichstag. „Ihr seid großartig“, bescheinigte die Zeitung „Fakt“ den polnischen Spielern, und in der „Gazeta Wyborcza“ hieß es angesichts des Spielverlaufs und der Überlegenheit der Deutschen: „Wenn du bislang nicht an Wunder geglaubt hast, dann konntest du jetzt eines mit eigenen Augen sehen.“

"Wir waren entschlossen, wir waren konsequent"

Ein Wunder? Dass die Polen den Deutschen zuletzt zweimal ein Unentschieden abgerungen hatten, hatte Nationaltrainer Nawalka in seiner Zuversicht gestärkt, dass Polen jetzt endlich mal dran sei, dass die Entwicklung geradezu zwangsläufig auf einen Sieg gegen Deutschland hinauslaufen werde. Schon vor dem Spiel hatte er sich auffallend forsch geäußert, nach dem Spiel sagte er: „Unser Plan war sehr einfach: Wir wollten gewinnen. Wir waren entschlossen, wir waren konsequent.“

Entschlossenheit und Konsequenz sind eigentlich eine deutsche Domäne, aber an diesem Abend erwiesen sich die Gastgeber in diesen Disziplinen als stärker. Mit vier Torschüssen kamen sie zu zwei Toren, viel effizienter geht es kaum. „Man hat gesehen, dass Polen sehr motiviert und sehr engagiert gegen den Weltmeister gespielt hat“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Dass für einen Sieg gegen den Weltmeister auch ein wenig Glück vonnöten ist, das wollte Löws polnischer Kollege gar nicht bestreiten. „Aber man muss dem Glück auch auf die Sprünge helfen“, sagte Adam Nawalka. Am Samstagabend hat es in Warschau einen ziemlich weiten Satz gemacht.

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