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Sport: Das Ende der Ironie

Für Hans Meyer und den 1. FC Nürnberg brechen mit dem Pokalaus in Jena entscheidende Wochen an

Hans Meyer fand selbst im großen Getöse noch genügend Muße für die Liebe zum Detail. Im Ernst-Abbe-Stadion zu Jena, direkt an der Seitenlinie, stand sein Assistent Jürgen Raab und führte ein Zwiegespräch mit einem der Nürnberger Spieler. Meyer erhob sich von seinem Stuhl, packte Raab an dessen Jacke und zog ihn sanft, aber bestimmt zurück auf die Kreidelinie, mit der die Aufenthaltszone für die Trainer am Spielfeldrand markiert ist. Es war vermutlich weniger eine Vorsichtsmaßnahme als ein ironischer Kommentar auf die Regelungswut der Schiedsrichter bei Fußballspielen.

Aber wer weiß das schon bei Meyer? Kaum ein Fußballtrainer liefert mit seinen Handlungen, vor allem aber mit seinen Äußerungen so viel Stoff für Interpretationen. Im Moment sind die Vorzeichen wieder besonders günstig für Fehldeutungen. Der 1. FC Nürnberg und sein Trainer erleben gerade das, was von den Medien gerne als Wochen der Wahrheit bezeichnet wird. In der Bundesliga liegt der Club knapp über den Abstiegsrängen, im Pokal ist der Titelverteidiger am Mittwoch gegen den Zweitligisten Jena ausgeschieden, am Samstag kommt der Deutsche Meister Stuttgart ins Frankenstadion und in der kommenden Woche der FC Everton zum ersten Uefa-Cup-Gruppenspiel.

Nach dem Pokalaus gegen Jena wurde Meyer nach seinen Gefühlsregungen gefragt. Er legte eine kurze dramaturgische Pause ein, dann sagte er: „Ich freue mich.“ Ist das normale Enttäuschung? Oder schon Verbitterung? Seine Mannschaft hatte gegen den Vorletzten der Zweiten Liga zweimal geführt, 50 Minuten in Überzahl gespielt und trotzdem im Elfmeterschießen verloren. „Mich drückt, dass wir so wenig Souveränität an den Tag gelegt haben“, sagte Meyer.

Nürnbergs Trainer macht sich in solchen Situationen keine Gedanken darüber, wie seine Aussagen öffentlich wirken. In dieser Woche kam von ihm das Zitat auf den Markt, dass Nürnberg seine letzte Trainerstation sei. Man kann aus einem solchen Satz mehr heraushören wollen, als in ihn gesteckt wurde. Meyers Vertrag läuft bis 2009, den will er auf jeden Fall erfüllen. Andererseits hat er bei Borussia Mönchengladbach auch von einem auf den anderen Tag aufgehört – als er den Rückhalt seiner Vorgesetzten nicht mehr spürte. Davon kann in Nürnberg keine Rede sein. Präsident Michael A. Roth hat zu Spekulationen über Meyer gesagt: „Der Trainer ist ein Thema, wenn er zu mir kommt und sagt: Er weiß nicht mehr weiter.“

Das wird auf absehbare Zeit nicht passieren. Zumindest so lange nicht, wie Meyer sich die Defizite seiner Mannschaft sachlich erklären kann. Gegen Jena fehlten Vittek, Kluge, Pinola und Charisteas, später verletzte sich auch noch Mnari, der bis dahin stärkste Nürnberger. Die Mannschaft ist nicht eingespielt, und sie kann sich nicht einspielen. Hans Meyer sagt: „Über kurz oder lang werden wir uns wieder in Gegenden bewegen, wo die Sonne mehr scheint.“ Verzweiflung hört sich anders an.

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