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Sport: Das Ende der Nulllösung

Die Dopingaffäre um Ludger Beerbaum macht den Reformbedarf im Pferdesport deutlich

Berlin - Seine olympische Goldmedaille im Mannschaftsspringen scheint Ludger Beerbaum nach der nachträglichen Disqualifikation verloren zu haben, jetzt geht es Deutschlands prominentestem Springreiter zumindest darum, seinen guten Ruf zu wahren. Beerbaum wird in den nächsten Tagen bei einer Anhörung vor der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) in Lausanne seinen Fall vortragen und versuchen, seine Unschuld zu beweisen. Beerbaums Pferd Goldfever war wegen eines Exzems mit einer Salbe behandelt worden, die den kortisonhaltigen Wirkstoff Betamethason enthält. Bei der Dopingkontrolle nach dem Olympiasieg der deutschen Equipe wurden Spuren des Medikaments im Urin des Pferdes gefunden, die A- und die B-Probe waren positiv.

Für Beerbaum liegt eine Verkettung von Fehlern vor, für die FEI ein Verstoß gegen die so genannte Nullregel, nach der ein Reiter disqualifiziert wird, sobald bei seinem Pferd Spuren von Medikamenten nachgewiesen werden. Dabei ist es egal, wie lange die Behandlung zurückliegt. Beerbaum wird der FEI ein Gutachten vorlegen, das nachweisen soll, dass der Wirkstoff Betamethason die Leistung von Goldfever nicht gesteigert hat. „Ich habe meine Hausaufgaben gemacht“, sagt Beerbaum. Er will nun, „komplette Transparenz in die Geschichte bringen. Denn es geht um die Glaubwürdigkeit unseres Sports“.

Wann handelt es sich um eine medizinisch notwendige Behandlung eines Pferdes? Und wann liegt Medikamentenmissbrauch vor? Thomas Hartwig, Sprecher der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, sagt, dies sei das zentrale Problem im Reitsport geworden. Bei Medikationskontrollen werden in letzter Zeit bei Turnierpferden auffällig häufig Spuren von Arzneien gefunden, so auch beim Pferd der Militaryreiterin Bettina Hoy in Athen. Das sei „ein flächendeckendes Problem“, sowohl im Spitzensport als auch bei den Amateuren, sagt Hartwig.

Verantwortlich dafür sind auch die Methoden der Medikationskontrolle, die in den vergangenen Jahren immer weiter verfeinert wurden. Substanzen können heute wesentlich länger nachgewiesen werden, als dies früher der Fall war. Die Nulllösung stehe für den Tierschutz, sagt Hartwig: Pferde sollen „nicht fit gespritzt werden für ein Turnier. Aber natürlich müssen sie behandelt werden, wenn sie krank sind“.

Die Frage ist, ob das aktuelle Reglement noch zeitgemäß ist. Im Humansport gibt es für Medikamente Grenzwerte. Die Reitsportverbände haben eine internationale Kommission eingesetzt, die solche Werte, zum Beispiel für Schmerzmittel, erarbeiten soll. Viele prominente Reiter wie Isabell Werth oder Bundestrainer Kurt Gravemeier plädieren für solche Grenzwerte und das Ende der Nulllösung. Ludger Beerbaum sagt, die aktiven Reiter müssten enger mit den Verbänden zusammenarbeiten und eine gemeinsame Lösung finden, die auch international gelten kann. Er hält regelmäßige Trainingskontrollen oder einen Behandlungspass, in dem sämtliche Behandlungen des Pferdes aufgeführt sind, für eine gute Lösung. „Nicht durchführbar“ sagt Hartwig zu diesem Vorschlag. Eine andere, vor allem schnelle Lösung kennt Hartwig allerdings auch nicht.

Stefan Schweiger

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