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Sport: Das erste Mal

Kim Clijsters hat noch nie gegen Jennifer Capriati gewonnen – bis gestern. Nun trifft sie im Finale der German Open auf Justine Hénin

Berlin. Ein weißes Handtuch auf rotem Sand, auf dem Handtuch eine klägliche Gestalt, die sich nicht mehr selbst bewegt, sondern deren Beine von der Physiotherapeutin bewegt werden. Gerade hatte Jennifer Capriati den Tiebreak gegen Kim Clijsters 7:2 gewonnen und im Halbfinale der German Open zum 1:1 nach Sätzen ausgeglichen. Drei Matchbälle hatte sie abgewehrt gegen die immer nervöser werdende Belgierin. Dann hatte die Amerikanerin sich an den Rücken gefasst und war in den Sand gesunken. „Ich war etwas verspannt, aber es war nichts Dramatisches“, sagte Capriati. Nach der Behandlung sprang sie wieder übers Feld, als sei nichts gewesen – und war am Ende doch wieder am Boden, diesmal im übertragenen Sinne: Sie verlor 4:6, 7:6 (7:2), 4:6.

Im Finale am Sonntag um 14 Uhr trifft die Weltranglistendritte Clijsters auf ihre Landsfrau Justine Hénin-Hardenne, die auf Rang vier liegt. Die 20-jährige Vorjahressiegerin gewann das Grundlinienduell gegen die Französin Amelie Mauresmo 7:6 (8:6), 6:4. Im Tiebreak wehrte sie einen Satzball ab. Elfmal spielten die beiden Belgierinnen bislang gegeneinander, siebenmal gewann Clijsters, die in Berlin an eins gesetzt ist. Sie entschied auch die letzten drei Begegnungen für sich.

Clijsters war in einer hochklassigen Partie lange überlegen – und bekam am Ende Hilfe von ihrer Gegnerin, die auch ihre Freundin ist. Als die 27-jährige Capriati den Ball zum Sieg für Clijsters ins Netz drosch, ballte diese die linke Faust, ließ den Körper kurz nach vorn kippen, und ballte die rechte Faust. „Ich hätte schneller fertig sein können", sagte die 19-Jährige später fröhlich, „nach dem zweiten Satz habe ich versucht, noch einen Adrenalinstoß zu kriegen und meine Stärke wiederzufinden." Es klappte, obwohl Capriati im dritten Satz die Chance hatte, bei eigenem Aufschlag 5:3 in Führung zu gehen. Doch ein einfacher Rückhandball landete im Aus – es stand 4:4. „Kim hat großartig gespielt, aber ich hätte gewinnen können“, sagte Capriati enttäuscht.

Dreimal hatten sich Clijsters, die in diesem Jahr die Turniere von Sydney und Indian Wells gewann, und die Weltranglistensiebte Capriati zuvor gegenübergestanden. Dreimal hatte Capriati gesiegt. Das Finale der French Open 2001 war die denkwürdigste Begegnung: Capriati siegte im dritten Satz 12:10. „Ich wollte den ersten Sieg, dieser Gedanke hat mich motiviert", sagte Clijsters. Im zweiten Satz schafften beide Spielerinnen drei Breaks, doch während Capriati sich steigerte, wurde Clijsters immer nervöser. 6:5 in Führung liegend verlor sie ihr Aufschlagspiel zu null und war auch im Tiebreak ohne Chance.

Dass sie Capriati inzwischen besiegen kann, habe neben größerer eigener Konstanz noch einen ganz anderen Grund: „Es ist immer schwierig, gegen eine Freundin zu spielen. Früher habe ich zu großen Respekt vor ihr gehabt.“ Nach ihrer Chance im Finale gefragt, wiegelte Clijsters ab. „So wie ich mich jetzt fühle, ist meine Chance nicht so groß“, sagte sie. Zu sehr hatte sie das Spiel auf dem heißen Centre Court erschöpft. Doch ausruhen konnte sich Kim Clijsters nach der Pressekonferenz noch lange nicht. Zusammen mit Ai Sugiyama trat sie anschließend im Doppel- Halbfinale an. Dafür zumindest reichte ihre Kraft: Die beiden siegten 6:1, 6:4 gegen Elena Lichowtsewa (Russland) und Janette Husarova (Slowakei). Nun muss Clijsters heute sogar zwei Endspiele bestreiten: erst gegen Hénin-Hardenne und danach gegen Virginia Ruano Pascual (Spanien) und Paola Suarez (Argentinien).

Helen Ruwald

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