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Sport: Das falsche Spiel

Ein Bestechungsskandal diskreditiert Londons Bewerbung um die Spiele 2012, der verdächtige Iwan Slawkow beurlaubt sich selbst, und die Fifa ist sauer

Berlin - In drei Tagen beginnen die Olympischen Spiele in Athen, dann sollen alle wieder von Rekorden und Medaillen reden. Bis dahin allerdings erschüttert die olympische Bewegung ein Korruptionsskandal.

Es geht um die Spiele 2012, die in Deutschland bereits wegen der verpatzten Leipziger Bewerbung negative Schlagzeilen gemacht hatten. Über die endgültige Vergabe ist noch gar nicht entschieden, da gibt es bereits Medienberichte über möglicherweise bestechliche Funktionäre. Iwan Slawkow, bulgarisches Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), hatte bei geheimen Aufnahmen eines Fernsehteams den Eindruck erweckt, ein Votum seinerseits für London sei käuflich. „Der BBC-Bericht war sicherlich nicht sehr förderlich für die Londoner Bewerbung“, sagt Clemens Prokop, Vizepräsident des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland. London war wie Paris, Moskau, Madrid und New York in die Endrunde für die Spiele 2012 gekommen. Der Korruptionsskandal schwächt die Unterstützung der Bevölkerung für die Londoner Olympia-Bewerbung. Der Zeitpunkt des Berichts sei so kurz vor Beginn der Spiele „nicht unbedingt geeignet“ gewesen, sagte der deutsche IOC-Vizepräsident Thomas Bach auf Nachfrage. „Aber es gibt ja nie einen geeigneten Zeitpunkt für einen solchen Beitrag.“ Am Wochenende wurde bereits Weißrusslands Sportminister Juri Siwakow die Einreise nach Athen verweigert, da er in seinem Land für Folterungen verantwortlich sein soll. Heute startet die 116. Session des IOC, doch auf der Tagesordnung der Versammlung tauchen die Skandale nicht auf. „Das liegt in der Hand unserer Ethikkommission“, sagt Bach.

Iwan Slawkow, der bereits im Zusammenhang mit der Vergabe der Spiele 2004 unter Korruptionsverdacht geraten war, besitzt inzwischen keine Akkreditierung mehr für die Sportwettbewerbe in Athen, er hat alle Privilegien als Mitglied des IOC verloren. Von seinem Posten als Präsident des Nationalen Olympischen Komitees von Bulgarien und des nationalen Fußball-Verbandes hat er sich selbst beurlauben lassen. Slawkow will nun gerichtlich gegen die BBC vorgehen, die ihn „mit der Ausstrahlung ihres Filmes bloßgestellt“ hätte. Inzwischen hat sich auch der Fußball-Weltverband in die Affäre Slawkow eingemischt: Man wolle die Beurlaubung von Slawkow nicht akzeptieren. „Für die Fifa bleibt er der Präsident des bulgarischen Fußball-Verbandes“, sagte Fifa-Präsident Joseph Blatter.

In dem Bericht war Slawkow heimlich beim Gespräch mit zwei BBC-Reportern gefilmt worden, die sich als Geschäftsleute ausgaben. Die Ethikkommission suspendierte Slawkow und bezeichnete vier weitere Olympiaberater als unerwünschte Personen. Die vier waren als „Stimmen-Händler“ aufgetreten. Einer von ihnen, der Kuwaiter Abdul Muttaleb Ahmad, hatte den Reportern erklärt, er könne 23 IOC-Mitglieder dahingehend beeinflussen, dass sie ihre Stimme zugunsten von London abgeben. „So etwas darf es in einem demokratisch organisierten Verband nicht geben“, sagt Prokop. Die Namen der angeblich bestechlichen IOC-Mitglieder waren im Fernsehbeitrag der BBC mit einem Piepton übertönt. Die Ethikkommission des IOC fordert nun die Herausgabe dieser Namen.

Die Ethikkommission selbst darf keine investigativen Recherchen betreiben. „Die Kommission kann immer nur reagieren und nicht selbst nach Beweisen suchen“, sagt Bach. Er selbst hält die Affäre für einen Einzelfall, große Selbstreinigungsprozesse wie nach dem Bestechungsskandal von Salt Lake City seien nicht zu erwarten.

Stéphanie Souron

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