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Sport: Das Geisterhaus

Nach dem 2:2 gegen den VfB Stuttgart herrscht im Kölner Stadion gespenstische Stille – der Abstieg des FC ist fast sicher

Köln. Rund vierzig Minuten waren absolviert, als sich eine merkwürdige Stille über die Arena in Müngersdorf legte. Der Gast aus Stuttgart führte 1:0, und die eigene Mannschaft wirkte derart überfordert, dass die 50 200 Zuschauer schweigend das Geschehen auf dem Rasen verfolgten. Als schauten sie einem Begräbnis zu. Noch ganz oben auf den Tribünen konnte man nun die Kommandos der so genannten Führungsspieler hören, was sonst unmöglich ist in Köln. Kurze Zeit später, als der unverhoffte Ausgleich fiel, erwachten die Zuschauer zwar plötzlich, und sie begleiteten nun auch ein aufregendes, wenn auch kein hochklassiges Bundesligaspiel. Am Ende jedoch, nachdem der Abpfiff das 2:2 (1:1) zwischen dem 1. FC Köln und dem VfB Stuttgart besiegelt hatte, griff wieder die gleiche gespenstische Atmosphäre um sich.

Die einheimischen Fans wussten schließlich, dass ihr Klub durch dieses Unentschieden dem Abstieg wieder ein Stück näher gerückt ist. Neun Punkte Abstand auf den rettenden Tabellenplatz 15, neun Spiele vor Schluss – so viel hat noch kein Verein in 40 Jahren Bundesliga-Geschichte aufholen können. Und auch die Stuttgarter Fans, denen der VfB-Trainer Felix Magath unter der Woche Hoffnungen auf die Meisterschaft gemacht hatte, wollten daran nun nicht mehr glauben und trotteten betreten von dannen. Auch wenn Magath dieses ambitionierte Vorhaben hinterher nicht zu den Akten legen wollte: „Ich sehe nach wie vor Möglichkeiten, Deutscher Meister zu werden.“

Das war ein mutiger Satz angesichts der Leistung seiner Mannschaft, in der nicht nur der Sturm, allen voran der verunsicherte Kevin Kuranyi, ausgefallen war. Auch die Abwehr schwamm in mehreren Situationen gegen den schwächsten Angriff der Liga (jetzt 21 Tore). Zwar ging der Tabellendritte nach 28 Minuten durch Meißner in Führung, nachdem Heldt auf der rechten Seite sich gegen die zweikampfschwachen Springer und Dogan durchgesetzt hatte.

In der Mitte war der Kölner Feulner einen Schritt zu spät gekommen. Aber diese Führung läutete jene Phase ein, die Magath scharf rügte: „Anstatt einen Gegner, der gerade getroffen ist, zu zerstören“, so der VfB-Trainer, habe nun der „Killerinstinkt“ gefehlt. Unnötig hätten sie dem Gegner das Mittelfeld überlassen, und zudem keinen Grund gehabt, auf Abseits zu spielen. Damit war die Szene vor dem Ausgleichstreffer durch Kringe in der 45. Minute gemeint, bei dem Vorlagengeber Scherz nicht, wie die Stuttgarter Abwehrzentrale Bordon und Meira wähnten, im Abseits stand.

Diese Szene war es, die nun die Fans im Stadion aufweckte. Mit dieser beeindruckenden Akustik im Rücken spielte sich der FC tatsächlich mehr Spielanteile heraus. In Minute 71 nutzte Feulner einen Abpraller aus einem Kopfballduell, legte sich den Ball selbst mit der Brust vor und wuchtete ihn aus vollem Lauf aus rund 14 Metern in den rechten Giebel des Stuttgarter Tors, vorbei am chancenlosen Torwart Hildebrand – 2:1, noch einmal kam Hoffnung auf beim FC.

Doch die seltene Euphorie der Kölner Zuschauer dauerte nur eine Minute. Dann nämlich köpfte Meißner völlig unbedrängt eine Ecke von Hleb Richtung Kölner Tor, die Scherz unglücklich zum 2:2-Endstand abfälschte. „In der Schlussphase haben wir noch die Möglichkeit gehabt, den Siegtreffer zu landen“, trauerte Magath zwar hinterher den verpassten Chancen nach. Aber auch der Gastgeber besaß durch Scherz noch zwei hochkarätige Kopfballmöglichkeiten. Nicht nur bei Magath hielt sich die Begeisterung in Grenzen: „Wir sind genauso glücklich über das Remis wie der 1. FC Köln.“ Irgendwie hatten alle verloren.

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